Preisträgerinnen und Preisträger der Forschungspreise des Landes Steiermark bis 2023
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Forschungspreisträgerinnen und Forschungspreisträger 2023
Wissenschaftslandesrätin MMag. Barbara Eibinger-Miedl zeichnete am 3. November 2023 vier Persönlichkeiten mit den Forschungspreisen des Landes Steiermark aus. Die Preise sind insgesamt mit 36.000,00 Euro dotiert.
Den ERZHERZOG-JOHANN-FORSCHUNGSPREIS, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhielt
Frau Mag. Dr. Michaela SCHULLER-JUCKES
vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
für die Arbeit:
„Die illuminierten Handschriften der Universitätsbibliothek Graz. 1225-1300"
Die Grazer Universitätsbibliothek ist im Besitz einer überaus reichen und wissenschaftlich bedeutenden Sammlung von mittelalterlichen Handschriften und Fragmenten, die für das steirische Kulturerbe von unschätzbarem Wert sind. Ein wichtiger Teil dieses Bestandes aus der Zeit von ca. 1225 bis 1300 wurde in der vorliegenden Publikation aus kunsthistorischer Perspektive ausgewertet und in seinen historischen und kulturellen Kontext eingebettet. Im Fokus stehen dabei die Internationalität der europäischen Buchkultur des 13. Jahrhunderts sowie die intellektuellen Ambitionen und der weite Horizont der Gelehrten und Kleriker dieser Zeit. Es entsteht ein neues Bild von der kulturellen Blüte, die sich bereits im Mittelalter im östlichen Alpenraum entwickelte und hier sowohl anhand von illuminierten Zimelien als auch von bescheiden ausgestatteten Alltagsbüchern dargestellt wird. Jedem Objekt wird in seiner Einzigartigkeit Gewicht beigemessen: einem üppig bebilderten Psalter aus dem Seckauer Nonnenkonvent oder einer in Kooperation zwischen italienischen und französischen Künstlern reich ausgestatteten Rechtshandschrift ebenso wie einfacheren Gebrauchscodices, zu denen etwa die sehr handlichen, im frühen 13. Jahrhundert im Umfeld der Pariser Universität entwickelten Bibeln im Taschenbuchformat zählen, welche zur Standardausstattung einer mittelalterlichen Klosterbibliothek gehörten. Den Schwerpunkt bilden also die Objekte selbst, die Bild- und Textträger zugleich sind und mit ihren zahlreichen Zusatzinformationen wie Besitzvermerken, Randnotizen, Einbandstempeln, kunstvollen Nähten und unterschiedlich verarbeiteten Pergamentblättern nicht nur für die Kunstgeschichte, sondern auch für andere Disziplinen sowie für ein weites kulturhistorisch interessiertes Publikum wertvolle Quellen unserer Vergangenheit sind.
Den FORSCHUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhielt
Frau Ao. Univ.-Prof. Dr. Ellen L. ZECHNER
vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz
für die Arbeit:
„Enterotoxin tilimycin from gut-resident Klebsiella promotes mutational evolution and antibiotic resistance in mice"
Der Mensch ist Lebensraum für eine Vielzahl von Mikroben. Schon wenige Stunden nach der Geburt beginnt sich die bakterielle Gemeinschaft in unserem Darm zu formieren. Bei vielen Säuglingen gehört das Bakterium Klebsiella zu den ersten Neuankömmlingen. Im Allgemeinen sind die Arten, die uns besiedeln, von der Evolution so geprägt, dass sie gesundheitsfördernd wirken. Gerät die Mikrobengemeinschaft jedoch unter Stress - etwa durch Antibiotikagabe - beginnen die Mikroben um ihr Leben zu kämpfen. Um die Krise zu überstehen, greifen einige Bakterien zu chemischen Waffen, um sich gegen andere „Mitbewohner" zu behaupten. Welche verheerenden Auswirkungen ein solcher unter Stress gebildeter Wirkstoff auf das Darmökosystem haben kann, zeigen Zechner und ihr Team mit Hilfe von Mausmodellen (publiziert in Nature Microbiology 2022). Unter Antibiotikastress produzieren Klebsiella-Bakterien ein Toxin, das DNA schädigt, viele nützliche Arten abtötet und Mutationen in den überlebenden Bakterien verursacht. Die Studie weist nach, wie diese Mutationen neue Formen der Antibiotikaresistenz ermöglichen und wie das Abtöten von Bakterien die Zusammensetzung der Darmgemeinschaft beeinflusst. Die Daten zeigen eindrücklich, dass mikrobielle Interaktionen schon im frühesten Lebensalter das Darmökosystem massiv beeinflussen können und damit möglicherweise unmittelbare Auswirkung auf die Gesundheit neugeborener Kinder haben.
Den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhielt
Herr Dr. Thomas PÖLZLER, MA
vom Institut für Philosophie der Universität Graz
für die Arbeit:
„Folk Moral Objectivism"
Philosoph_innen debattieren seit Anbeginn ihrer Disziplin, inwieweit moralische Urteile objektiv sind, d.h. unabhängig von unseren persönlichen und kulturellen Wertvorstellungen als wahr oder falsch betrachtet werden können. Aber wie denken Leute ohne spezielle philosophische Expertise über diese Frage? In jüngerer Vergangenheit haben zahlreiche wissenschaftliche Studien darüber Aufschluss zu geben versucht, ob philosophische Lai_innen eher zum moralischen Objektivismus oder Nicht-Objektivismus tendieren. In meinen Arbeiten untersuche ich diese Studien aus einer philosophischen Perspektive.
Meine erste Haupt-Einsicht ist, dass die Studien eine in der Philosophie weithin geteilte Annahme in Frage stellen. Philosophische Lai_innen sind größtenteils nicht dem Objektivismus zugeneigt. Sie glauben vielmehr, dass moralische Aussagen oft nur Gefühle ausdrücken oder nur für bestimmte Individuen oder Kulturen gelten. Darüber hinaus gehe ich der Frage nach, inwieweit uns solche wissenschaftlichen Resultate dabei helfen können, philosophische Theorien zu bewerten. Ich versuche zu zeigen, dass die Wahrheit über die Objektivität der Moral jenseits der traditionellen philosophischen Objektivismus/Nicht-Objektivismus-Unterscheidung liegen könnte.
Diese Resultate sind nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht interessant, sie haben auch mögliche praktische Implikationen. Das illustriere ich unter anderem anhand zweier Beispiele: der Programmierung von autonomen Fahrzeugen und der Beförderung von Toleranz gegenüber Andersdenken.
und weiters erhielt den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 6.000,00 Euro,
Frau Priv.-Doz. Dr. Ingeborg ZECHNER, MA, BA, BSc
vom Institut für Musikwissenschaft der Universität Graz
für die Arbeit:
„Franz Waxman - Zwischen Filmmusik und Konzertsaal"
Franz Waxman (1906-1967) zählte zwar zu den bekanntesten Vertretern der „klassischen" Hollywood-Filmmusik, ist aber, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen Miklós Rózsa, Erich Wolfgang Korngold oder Max Steiner, bislang nur lückenhaft erforscht. Die Monographie Franz Waxman - Zwischen Filmmusik und Konzertsaal entwickelt am Beispiel Waxmans eine neue Perspektive auf Hollywoods Filmmusik der 1930er- bis 1960er-Jahre, die über rein biographische oder musikanalytische Einzelbetrachtungen hinausgeht. So wirkte Waxman in einem internationalen Umfeld nicht nur als Filmkomponist, sondern auch als Festivalveranstalter, Dirigent und Komponist von Konzertmusik. Inhaltlich zielt das Buch darauf ab, die bislang nur marginal erforschten medialen und ästhetischen Transfers „zwischen Filmmusik und Konzertsaal" als integralen Bestandteil der Hollywood-Filmmusik der 1930er bis 1960er Jahre zu verdeutlichen. Diese Transfers passierten vor einem die Gegensätze zwischen „E- und U-Musik" hervorhebenden Pressediskurs im Spannungsfeld zwischen Modernismus, kanonisierter Konzertkultur und zeitgenössischer Populärkultur. Durch die Einbeziehung und Verbindung unterschiedlicher methodischer Perspektiven (historisch-quellenkritisch, rezeptionsästhetisch, diskursanalytisch, (film)musikanalytisch, medienästhetisch, soziologisch) verfügen die aus dem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds geförderten Projekt entstandenen Forschungsergebnisse über eine breite Anschlussfähigkeit für eine Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen.
Forschungspreisträgerinnen und Forschungspreisträger 2022
Wissenschaftslandesrätin MMag. Barbara Eibinger-Miedl hat am 18. November 2022 drei Persönlichkeiten mit den Forschungspreisen des Landes Steiermark ausgezeichnet. Die Preise sind insgesamt mit 36.000,00 Euro dotiert.
Den ERZHERZOG-JOHANN-FORSCHUNGSPREIS, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhielt
MMag. Dr. Markus ROSCHITZ
vom Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
„Die NSDAP in der Region Schwanberg 1930-1938. Eine Mikrostudie"
Das Buch „Die NSDAP in der Region Schwanberg 1930-1938. Eine Mikrostudie" zeigt detailliert und anschaulich, wie sich die NSDAP Anfang der 1930er Jahre im ländlichen Raum in der Südweststeiermark etablieren konnte. Der Anspruch der Forschungsarbeit besteht darin, eine modellhafte Beschreibung und Analyse einer Region in der Zeit 1930-1938 zu leisten. Große politische Entwicklungen werden anhand der durchgeführten Mikrostudie greifbar, indem das Einwirken makrohistorischer Gegebenheiten auf spezifische gesellschaftliche Strukturen mitsamt ihren Auswirkungen auf einzelne Personen und ihre Gemeinschaft in den Blick genommen werden. Durch die angewandte mikrohistorische Methode kann nicht nur gezeigt werden, wie Überregionales tatsächlich auf lokaler Ebene umgesetzt wurde, sondern es können auch lokalhistorische Phänomene erstmals anhand der „These der politischen Ortsbekanntschaft" erklärt und in zahlreichen Beispielen durchexerziert werden. Neben dieser methodischen Innovation gilt es die Heranziehung bislang unbekannter bzw. nicht rezipierter Quellen und Bildmaterialien hervorzuheben, die neue Erkenntnisse über die konkreten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse der historischen Region Schwanberg ermöglichen.
Den FORSCHUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhält
Univ.-Prof. Mag. Dr. Astrid VERONIG
vom Institut für Physik & Observatorium Kanzelhöhe für Sonnen- und Umweltforschung der Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
„Indications of stellar coronal mass ejections through coronal dimmings"
Unsere Sonne ist nicht nur die Quelle der Strahlung, die uns auf der Erde mit Licht und Wärme versorgt, sondern sie verursacht bisweilen auch energiereiche Ausbrüche von magnetisierten Plasmawolken. Diese koronalen Massenauswürfe bewegen sich mit Geschwindigkeiten von Millionen Kilometern pro Stunde durch unser Sonnensystem, und können bei ihrem Auftreffen elektronische Systeme auf Satelliten lahmlegen, GPS-Signale durcheinanderbringen und auch Stromausfälle auf der Erde auslösen.
Auf anderen Sternen vermutet man noch viel stärkere Ausbrüche, die im Extremfall zur völligen Auslöschung der Atmosphären von den extrasolaren Planeten, die diese Sterne umkreisen, führen können. Massenauswürfe von der Sonne werden regelmäßig beobachtet und genau vermessen. Dies geschieht mit speziellen Instrumenten, die eine Art künstliche Sonnenfinsternis erzeugen. Für Sterne hingegen gibt es bisher nur spärliche Beobachtungshinweise.
In der eingereichten Arbeit haben Astrid Veronig und ihr Team eine neue Methode entwickelt, um koronale Massenauswürfe auf anderen Sternen nachzuweisen. Diese basiert auf dem einfachen Prinzip, dass der Ausstoß von Materie aus der Korona des Sterns zu einer plötzlichen Abnahme seiner ultravioletten und Röntgenstrahlung führen sollte. Die Methode wurde an „Sonne-als-Stern" Messungen getestet und geeicht, und danach auf Beobachtungen sonnenähnlicher Sterne angewandt. Dadurch konnten insgesamt mehr koronale Massenauswürfe auf anderen Sternen nachgewiesen werden als in allen bisherigen Studien zusammen. Aktuelle Satellitenplanungen zur Untersuchung von extrasolaren Planeten und deren Zentralsternen nehmen bereits auf dieses neue Konzept Bezug.
Den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhält
Assoc. Prof. DI Dr. Daniel GRUSS, BSc
vom Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie der Technischen Universität Graz
für die Arbeit:
„Transient-Execution Attacks and Defenses"
Meltdown und Spectre gelten als zwei der bedeutendsten Sicherheitslücken der IT-Geschichte. Sie erlauben Angreifern die alle Daten eines Systems auszulesen. Anders als bei den meisten anderen Sicherheitslücken, handelt es sich aber nicht um ein Software-Problem, das mit einem Update einfach zu beheben ist. Das Problem liegt in der Art wie moderne Prozessoren funktionieren und betrifft daher Milliarden von Computern, jedes Laptop, und die meisten Smartphones. Da die Geschwindigkeit unserer Systeme so wichtig ist, führen Prozessoren Code bereits aus bevor überhaupt geprüft wurde, ob dieser Code ausgeführt werden darf oder sollte. Funktional ist das kein Problem, denn der Prozessor stellt den Fehler selbst fest und legt einfach noch einmal dort los, wo alles noch gestimmt hat. Die nun verworfene Ausführung ist also „transient", also nur von vorübergehender Dauer. Diese transiente Ausführung, die Sicherheitsabfragen auf später verschiebt, erlaubt es einem Angreifer nun auf sämtliche Daten zuzugreifen und diese beispielsweise mittels eines Seitenkanals hinauszuschleusen. Transiente Ausführung und damit verbundene Forschung an Seitenkanälen ist mit dieser Habilitationsarbeit zu einem zentralen Forschungsthema in der Systemsicherheitsforschung aufgestiegen. Die Arbeit wurde in nur 3 Jahren verfasst und hat zentrale Beiträge geleistet um das entdeckte Sicherheitsproblem zu verstehen und einzudämmen. Insbesondere der sogenannte „KAISER-Patch", findet sich mittlerweile in quasi jedem Rechner, und verhindert erfolgreich Meltdown, den gefährlichsten dieser Angriffe.
Forschungspreisträgerinnen und Forschungspreisträger 2021
Wissenschaftslandesrätin MMag.a Barbara Eibinger-Miedl hat am 11. März 2022 vier Persönlichkeiten mit den Forschungspreisen des Landes Steiermark ausgezeichnet. Die Preise sind insgesamt mit 36.000,00 Euro dotiert.
Den ERZHERZOG-JOHANN-FORSCHUNGSPREIS, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhielt
Univ.-Prof. Mag. DDr. Michael STEINER
vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
„WIRTSCHAFT.STEIERMARK Zwischen Utopie und Realität"
Die Wirtschaft der Steiermark hat in den letzten 75 Jahren einen viel beachteten Wandel vollzogen: Sie ist von einem „alten Industriegebiet" zu einer hochindustrialisierten Technologieregion, von einem „Land an der Grenze" zu einem offenen Wirtschaftsraum geworden. Dieser Transformationsprozess hat die Steiermark zu einem vielbeachteten Beispiel sowohl für wirtschaftliche und politische Praxis als auch für die akademische Forschung gemacht.
Dieser Wandel war nicht selbstverständlich: Er war nur durch die Dynamik steirischer Unternehmen möglich, die die Erneuerung vorangetrieben haben. Allerdings waren diese auf ein regionales Umfeld angewiesen, das sie in ihren Bemühungen auf vielfältige Weise unterstützt hat: durch eine technologie- und innovationsorientierte Regionalpolitik, die Antworten auf die jeweiligen Herausforderungen gesucht hat; durch eine regionale und nationale Grenzen überschreitende Landespolitik mit europäischer Perspektive und Sinn für internationale Offenheit; durch eine verbesserte und mobilitätsunterstützende Infrastruktur bis hin zur Digitalisierung; und vor allem durch Forschung, die immer mehr zu einem Universalschlüssel für die Zukunft wird.
„WIRTSCHAFT.STEIERMARK Zwischen Utopie und Realität" zeichnet diese Entwicklung nach und stellt allgemein verständlich den Veränderungsprozess eines Bundeslandes dar, das die Wechselfälle wirtschaftlicher Krisen bewältigt hat und nun zu den wohlhabenden Regionen Europas zählt. Ein wichtiges Element dafür war eine Geisteshaltung, die in dem Band als utopischer Realismus bezeichnet wird: der Wille zur Zukunftsgestaltung trotz widriger Umstände.
Den FORSCHUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhielt
Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr. Gabriele BERG
vom Institut für Umweltbiotechnologie der Technischen Universität Graz
für die Arbeit:
„Microbiome definition re-visited: old concepts and new challenges"
Die Mikrobiomforschung ist zu einem Thema von großem wissenschaftlichen und öffentlichen Interesse geworden. Der rasche Aufstieg in sehr verschiedenen Forschungs- und Anwendungsfeldern erfordert eine klare, einheitliche Definition. Berg et al. (2020) schlägt eine Definition des Mikrobioms vor, die neueste technologische Entwicklungen und Forschungsergebnisse berücksichtigt. Mikrobiom und Mikrobiota werden klar voneinander differenziert und die Viren in das Mikrobiom eingebettet. Der Artikel präsentiert die allgemein akzeptierte Definition eingebettet in eine historische Einführung, methodische Fragestellungen und Zukunftsaussichten der Mikrobiomforschung und -anwendungen.
Das Mikrobiom ist für alle Gesundheitsfragen unsere Zeit entscheidend: für die menschliche Gesundheit genauso wie für die unseres Planeten. Fast alle Krankheiten gehen mit einer Veränderung des Mikrobioms einher; daraus ergeben sich neue prophylaktische und therapeutische Möglichkeiten. Zusätzlich bietet die Mikrobiomforschung breite Anwendungsmöglichkeiten im Land- und Gartenbau sowie in der Aquakultur. Weiters kann die Mikrobiomforschung Lösungen liefern, dem anthropogen bedingten Klimawandel entgegen zu wirken. Die neue, umfassende Definition wird zusammen mit den vorgeschlagenen Konzepten dazu beitragen, die Vergleichbarkeit von Mikrobiomstudien zu verbessern und zu einem schnelleren Wissenstransfer von der Grundlagenforschung in die Praxis führen.
Den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 6.000,00 Euro, erhielt
Mag. Dr. Julia DANZER
vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
„Globales Klimamonitoring mittels einer neuen Methode zur Berechnung von Atmosphärenprofilen mit hoch-genauer Ionospährenkorrektur"
Der anthropogene Klimawandel ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Das Fenster für ausreichende Maßnahmen schließt sich schnell und er ist auch Thema wirtschaftlicher, politischer und sozialer Interessenkonflikte. Daher ist es von größter Bedeutung, solides Wissen über den weiteren Fortgang der globalen Erwärmung und unser Klimasystem zu erlangen.
Seit fast 20 Jahren liefert die satellitengestützte Radio-Okkultationstechnik (RO) qualitativ hochwertige Daten der globalen Atmosphäre. Der Nutzen reicht von der Wettervorhersage über Klimamonitoring bis hin zur Weltraumwetterforschung. Dabei werden Radiosignale von globalen GPS-Navigationssatelliten zu niedrigfliegenden Empfängersatelliten geschickt. Diese erfahren durch die atmosphärische Brechung eine Phasenweg-Verlängerung, die Aufschluss über Luftdruck, Temperatur und auch Feuchtigkeit in der Atmosphäre gibt. Allerdings üben mit steigender Höhe Messrauschen und die Ionosphäre einen zunehmenden Einfluss auf die Datenqualität aus.
In der eingereichten Verbund-Arbeit wurde eine neue einfach anwendbare Methodik entwickelt, die das Messrauschen stark mildern und die ionosphärische Verzerrung wirksam korrigieren kann. Dies verbessert die Datenqualität in der Stratosphäre und ermöglicht damit global ein genaueres Klimamonitoring, was wiederum zu einem besseren Verständnis unseres Klimasystems beiträgt. Daher hatte auch die „International Radio Occultation Working Group (IROWG)", das internationale Leitgremium im Gebiet, die Verbesserung der Qualität der Stratosphärendaten zu einem zentralen Ziel erhoben. Diesem Ziel hat diese Arbeit als echte Pionierarbeit hervorragend zugearbeitet.
und weiters erhält den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 6.000,00 Euro,
Dr. Norbert PAULO
vom Institut für Philosophie der Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
„Empirische Ethik: Grundlagentexte aus Psychologie und Philosophie"
Habilitation: „Empirically-Informed Moral Epistemology"
Die eingereichten Arbeiten behandeln eines der gegenwärtig am kontroversesten diskutierten Grundlagenthemen an der Schnittstelle zwischen Philosophie und Psychologie, nämlich die Relevanz empirischer Erkenntnisse der Moralpsychologie für die philosophische Ethik als normative Disziplin.
Besonders in der deutschsprachigen Philosophie dominiert spätestens seit Kant eine Position, nach der die Philosophie eine dezidiert nicht-empirische Disziplin ist. Nach diesem sog. Antiempirismus sind empirische Erkenntnisse für philosophische Fragen schlicht irrelevant. Dieser in Österreich und Deutschland tief tradierte Antiempirismus ist einer der Gründe für die in diesen Ländern bis heute besonders tiefe Kluft zwischen Philosophie und Psychologie.
Die eingereichten Arbeiten korrigieren diese Sichtweise. Sie bieten eine neue, kontextbewusste Bestimmung des Verhältnisses zwischen Ethik und Empirie. Es handelt sich um getrennte Disziplinen, die jedoch in vielen Hinsichten fruchtbar interagieren können. Auf dieser Grundlage werden in den Arbeiten eine Reihe neuer Erkenntnisse der empirischen Moralpsychologie diskutiert und ihre Relevanz für die philosophische Ethik im Detail erörtert. Insgesamt wird damit das neue Feld der sog. „empirischen Ethik" etabliert.
Forschungspreisträgerin und Forschungspreisträger 2020
Wissenschaftslandesrätin MMag. Barbara Eibinger-Miedl hat am 25. Juni 2021 vier Persönlichkeiten mit den Forschungspreisen des Landes Steiermark ausgezeichnet. Die Preise sind insgesamt mit 36.000,00 Euro dotiert.
Den ERZHERZOG-JOHANN-FORSCHUNGSPREIS, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhält
Mag. Dr. Georg Tiefengraber
vom Institut für südostalpine Bronze- und Eisenzeitforschung ISBE, Graz
für die Arbeit:
„Der Wildoner Schlossberg. Die Ausgrabungen des Landesmuseums Joanneum 1985-1988"
Der Wildoner Schlossberg stellt eine schon von weitem sichtbare, markante Erhebung am Übergang vom Grazer Becken ins Leibnitzer Feld unmittelbar oberhalb der Mur dar. Das heutige Erscheinungsbild des Schlossberges wird durch die Ruinen der mittelalterlichen Burgen Alt-Wildon, Neu- bzw. Ober-Wildon, dem Haus Ful und dem Haus Hengst geprägt, die das einstmalige Aussehen des Berges erheblich veränderten. Langjährige Ausgrabungen des seinerzeitigen Landesmuseums Joanneum erbrachten den Nachweis einer intensiven urgeschichtlichen Besiedlung des Berges. Im Zuge eines FWF-Projektes war es dem Antragsteller in den Jahren 2007-2009 möglich die enorme Fundmasse, immerhin über 2 t Fundgut aus Keramik, Knochen und Stein bzw. Metall, zu sichten, zu dokumentieren und kontextuell im Zusammenhang mit den komplexen Ausgrabungsbefunden auszuwerten sowie in einen überregionalen Kontext zu stellen. Eine große Serie von Radiokarbondatierungen lieferte absolut chronologische Anhaltspunkte für die Datierung einzelner Besiedlungsphasen. Insgesamt konnte eine fast lückenlose Besiedlung vom Mittelneolithikum (ca. 4600 v. Chr.) bis in die frühe Neuzeit (16./17. Jh. n. Chr.) anhand der Befunde und Funde belegt werden, wobei insbesondere die neolithischen, kupfer- und frühbronzezeitlichen Phasen herausragen, da sie bislang in der Steiermark - und z.T. auch darüber hinaus - noch nicht ausreichend belegt waren. Mit der Vorlage frühmittelalterlicher Keramikfunde wird auch ein klarer Hinweis auf die nun wohl eindeutige Lage der langgesuchten und vieldiskutierten Hengistburg gegeben.
Den FORSCHUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhält
Univ.-Prof. Mag. Dr. Joseph MARKO
vom Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
„Human and Minority Rights Protection by Multiple Diversity Governance.
History, Law, Ideology and Politics in European Perspective, 2019 (Routledge)"
Dieses Buch ist das Ergebnis von fünfundzwanzig Jahren Forschung und Praxis als Universitätslehrer sowie Rechts- und Politikberater für den Europarat, die OSZE, die EU und die Vereinten Nationen, aber auch als internationaler Richter beim Wiederaufbau des Verfassungsgerichtshofs von Bosnien und Herzegowina nach Beendigung des Krieges 1995. Wie in einem Brennglas waren und sind am Beispiel der jüngsten Geschichte Bosniens, aber nicht nur dieser, alle Probleme des Umgangs von Menschen untereinander fokussiert. Die täglichen Fernsehbilder zur sogenannten Flüchtlingskrise der Europäischen Union 2015, die ja, wie die Ereignisse in Griechenland zeigen, bis heute andauert, der Austritt Großbritanniens aus der EU und die mögliche Sezession von Schottland, aber auch Kataloniens von Spanien und nicht zuletzt auch die von den USA ausgehende, mittlerweile globale „Black Lives Matter"-Bewegung zeigen vielfältige Prozesse der ethnischen und nationalen Polarisierung von so genannten „westlichen" Gesellschaften bis hin zur staatlichen Desintegration. In diesem Buch werden daher anhand der historischen Entwicklung der europäischen Nationalstaaten unter Berücksichtigung der langfristigen Wirkungen der Ideologien des Liberalismus, Nationalismus und Rassismus alle diese gesellschaftspolitischen Herausforderungen interdisziplinär rechtlich, politisch und soziologisch kritisch analysiert. Mit den Grundbegriffen von Autonomie, Subsidiarität und Integration wird aber auch ein alternatives rechtlich-institutionelles Modell vorgestellt, wie den in Europa und Nordamerika stattfindenen, sich überlappenden und gegenseitig verstärkenden, daher multiplen sozialen, ökonomischen und politischen Prozessen der Beseitigung von kulturellem und politischem Pluralismus entgegengewirkt werden kann.
Den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 6.000,00 Euro, erhält
Assoz. Prof. Dipl.-Biochem. Dr. Didac CARMONA-GUTIERREZ
vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
„The flavonoid 4,4´-dimethoxychalcone promotes autophagy-dependent longevity across species"
Die Lebenserwartung nimmt seit Jahrzehnten weltweit kontinuierlich zu. Mit unserer alternden Gesellschaft steigen jedoch auch die Fälle chronischer Krankheiten (z.B. Neurodegeneration oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen) rasant an. Jeder von uns möchte natürlich alt werden - aber wie bleiben wir dabei gesund? Eine grundlegende Strategie ist es, die sog. Autophagie in den Zellen anzuschalten. Bei diesem Aufräumprozess werden geschädigte Zellbestandteile abgebaut und zu neuen molekularen Einzelbausteinen "recycelt". Mit zunehmendem Alter nimmt diese Aktivität ab, und „Zellmüll" häuft sich an, was maßgeblich zur Entstehung altersbedingter Krankheiten beiträgt. Regelmäßiges Fasten kann die Aktivität der Autophagie erhöhen und somit als Schutz gegen diese Krankheiten wirken. Allerdings ist Fasten nicht für alle Personengruppen durchführbar. Deshalb wird intensiv nach Wirkstoffen gesucht, die diese Fasteneffekte nachahmen können - bis jetzt sind nur wenige Kandidaten bekannt. In der prämierten Studie hat ein von der Universität Graz geleitetes internationales Team eine neue Natursubstanz (4,4‘-Dimethoxychalkon, kurz DMC) mit diesem Potential entdeckt. Eine Behandlung mit DMC erhöhte die Autophagieraten in verschiedenen Organismen, einschließlich Säugetieren, bedeutend. Diese Erhöhung führte zu einer gesunden Lebensverlängerung in Hefe, Würmern, Fliegen und humanen Zellkulturen. Zudem schützte DMC auch das Herzgewebe von Mäusen nach einer Myokardischämie (verminderte Blutversorgung des Herzmuskels, die letztlich zum Herzinfarkt führt). Die Autoren konnten darüber hinaus DMC in einer Pflanze nachweisen, die unter dem japanischen Namen Ashitaba bekannt ist und in der traditionellen asiatischen Volksmedizin mit Langlebigkeit in Verbindung gesetzt wird. Zusammengefasst eröffnen diese Forschungsergebnisse neue pharmakologische Perspektiven für gesundes Altern.
Und weiters erhält den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 6.000,00 Euro,
Dr.in Birgit WASSERMANN, Bakk. MSc
vom Institut für Umweltbiotechnologie der Technischen Universität Graz
für die Arbeit:
„An Apple a Day: Which Bacteria Do We Eat With Organic and Conventional Apples?"
An apple a day keeps the doctor away - ist ein altes englisches Sprichwort, welches darüber hinaus im deutschen Sprachraum verbreitet ist. In der vorliegenden Arbeit wurde ein neuer Faktor aufgedeckt, der das empirische Sprichwort vollauf bestätigt: mit jedem Apfel essen wir ungefähr 100 Millionen Mikroorganismen. Neben Vitaminen und anderen wichtigen Inhaltsstoffen, ist das Mikrobiom gesund und interagiert mit unserem Immun- und Darmsystem. Jeder untersuchte Apfel beherbergt die gleiche Anzahl an Bakterien, allerdings ist die Zusammensetzung der ca. 1700 Bakterienarten zwischen biologisch und konventionell gezüchteten Äpfeln völlig unterschiedlich. Die Untersuchungen ergaben auch überraschenden Details: entgegen unserer Erwartungen weist die Apfelschale die geringste Anzahl an Bakterien auf, während das Kerngehäuse tatsächlich ein Bakterien-Hotspot ist. Diese Studie zum Apfelmikrobiom wurde mithilfe von neuesten Technologien an steirischen Äpfeln durchgeführt, um gemeinsam mit Grazer Schülern neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu erlangen und ihnen die Welt der Mikrobiome näher zu bringen. Die weltweite Resonanz auf die Erkenntnisse (Top 80 der wissenschaftlichen Publikationen im Jahr 2019 weltweit), und deren populärwissenschaftliche Wiedergabe in Zeitschriften (The Guardian, The Time Magazine, Forbes, Der Spiegel, Kurier, Die Zeit etc.), Fernsehen und sozialen Medien, zeigt darüber hinaus die gesellschaftliche Relevanz dieses Themas und einen Paradigmenwechsel zur Berücksichtigung der bakteriellen Diversität als unverzichtbaren Bestandteil des Lebens auf der Erde.
Forschungspreisträgerin und Forschungspreisträger 2019
Wissenschaftslandesrätin MMag. Barbara Eibinger-Miedl hat am 29. November 2019 drei Persönlichkeiten mit den Forschungspreisen des Landes Steiermark ausgezeichnet. Die Preise sind insgesamt mit 36.000,00 Euro dotiert.
Den ERZHERZOG-JOHANN-FORSCHUNGSPREIS, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhält
Mag. Dr. Thomas ANTONIC
vom Institut für Germanistik der Universität Wien
für die Arbeit:
„Wolfgang Bauer: Werk, Leben, Nachlass, Wirkung. (als Autor)
Wolfgang Bauer: Der Rüssel. Szenische Texte aus dem Nachlass. (als Herausgeber)
Wolfgang Bauer: Der Geist von San Francisco. Verstreut publizierte und nachgelassene Texte. (Herausgeber)"
Mag. Dr. Thomas Antonic hat sich über ein Jahrzehnt wissenschaftlich mit Werk, Leben, Nachlass und Wirkungsgeschichte des Grazer Schriftstellers Wolfgang Bauer (1941-2005) beschäftigt, dabei zwei wegweisende umfangreiche Monographien (Wolfgang Bauer. Werk, Leben, Nachlass, Wirkung, 2018; Mediographie Wolfgang Bauer 1961-2011, 2011) sowie zahlreiche Publikationen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht. Das erstgenannte Buch hat sich seit seiner Publikation vor einem Jahr bereits als Standardwerk zur Bauer-Forschung etabliert. Antonic ist außerdem der Herausgeber zweier Bände mit Texten aus dem Nachlass Wolfgang Bauers. Durch diese Veröffentlichungen, die international in zahlreichen Medien besprochen wurden, konnte das Werk des 2005 verstorbenen steirischen Autors, das außerhalb der Stadt Graz in Vergessenheit zu geraten drohte, wiederentdeckt werden. Durch Veröffentlichung der 630 Seiten umfassenden Biographie Wolfgang Bauer. Werk, Leben, Nachlass, Wirkung konnte insbesondere darauf aufmerksam gemacht werden, welch enorme Wirkung Bauer und sein Umfeld, d.h. die Literaturszene der Stadt Graz in den 1960er und -70er Jahren, auf den gesamten deutschsprachigen Raum und darüber hinaus ausübte, nicht nur in literarischer, sondern in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht. Nicht umsonst titulierte Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ihren Kollegen als „wichtigsten zeitgenössischen österreichischen Dramatiker". Der 2019 ebenso mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Peter Handke bezeichnete Bauer als „das einzige Genie unter uns allen".
Den FORSCHUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhält
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Dieter SCHMALSTIEG
vom Institut für Maschinelles Sehen und Darstellen der Technischen Universität Graz
für die Arbeit:
„Shading Atlas Streaming"
Neben der Übertragung von Filmen über das Internet etabliert sich zunehmend auch das Streaming von Computerspielen. Der Anwender muss keine teure Hardware für Videospiele mehr anschaffen; die Rechenleistung wird einfach in der Cloud gemietet. Es ist naheliegend, diesen Ansatz auf Virtual Reality-Computerspiele auszuweiten. Jedoch erfordert die Darstellung auf Virtual Reality-Brillen eine bis zu 10x höhere Rechenleistung als konventionelle Videospiele, weil mehr Pixel und mehr Bilder pro Sekunde dargestellt werden müssen. Darüber hinaus muss die Darstellung nahezu verzögerungsfrei erfolgen, damit es nicht zum gefürchteten „Nachschwimmen" (Lagging) der Darstellung kommt. Traditionelle Videoübertragung stößt hier rasch an ihre Grenzen. Daher hat Prof. Dieter Schmalstieg mit seinem Team ein neues Verfahren namens Shading Atlas Streaming entwickelt, welches die Bildinformation in einer alternativen Form, basierend auf Objektkoordinaten anstelle von Bildschirmkoordinaten, erzeugt. Dieses Verfahren erlaubt es, mehrere aufeinanderfolgende Bilder aus einem einzigen übertragenen Datensatz zu erzeugen und dadurch die nötige Übertragungsrate deutlich zu senken. Somit wird es möglich, auch auf günstigen Virtual Reality-Brillen mit drahtloser Übertragung (in Zukunft mit 5G-Mobilfunknetzwerken) Computerspiele und andere Inhalte in hoher Qualität darzustellen.
Den FÖRDERUNGSPREIS des Landes Steiermark, dotiert mit 12.000,00 Euro, erhält
Dr. Michaela Tanja HAINDL, BSc MSc
von der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Graz
für die Arbeit:
„Widespread cortical demyelination of both hemispheres can be induced by injection of pro-inflammatory cytokines via an implanted catheter in the cortex of MOG-immunized rats"
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine häufige neurologische Erkrankung im jungen Erwachsenenalter mit bleibender Beeinträchtigung. Die frühe Phase dieser Erkrankung ist davon geprägt, dass sich Krankheitsschübe und schubfreie Phasen mit teilweiser Regeneration abwechseln. Viele Patienten gleiten nach 15 - 20 Jahren dieser Krankheitsphase in die Spätphase der MS über, mit einer stetigen Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Im Moment gibt es noch keine Medikamente die diese Krankheitsphase aufhalten könnten oder spezifisch der Gehirnzerstörung entgegenwirken könnten. Dies liegt vor allem daran, dass es lang kein geeignetes Modell zur Erforschung der Krankheitsmechanismen dieser Phase gab. Das in dieser Arbeit vorgestellte Tiermodell schließt diese Lücke und repräsentiert eine verblüffende Ähnlichkeit der Gehirnschäden und zellulären Merkmale, wie man sie von MS Patienten der Spätphase kennt. Neben der so wichtigen Erforschung der Mechanismen bietet dieses Modell zusätzlich die Möglichkeit, potenzielle Medikamente auf deren Wirkung auszutesten. Damit ebnet dieses Modell den Weg zur Erforschung eines spezifischen Medikamentes, das die Gehirnschädigung in der späten Phase der MS aufhalten oder im besten Fall sogar den Eintritt in diese Phase verhindern kann.
Forschungspreisträgerinnen und -preisträger 2018
Die Forschungspreise 2018 wurden am 03. Dezember 2018 von
Wissenschaftslandesrätin MMag. Barbara Eibinger-Miedl feierlich verliehen.
Die Preise sind mit insgesamt € 36.000,00 dotiert.
Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2018
Mag. Michael KAHR, MMus PhD
Institut für Jazz und Institut für Jazzforschung, Universität für Musik und darstellende Kunst Graz
für die Arbeit:
"Jazz & the City: Jazz in Graz von 1965 bis 2015"
Die Monografie Jazz & the City: Jazz in Graz von 1965 bis 2015 basiert auf Ergebnissen des künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsprojektes „Jazz & the City: Identität einer Jazz(haupt)stadt", das vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanziert und an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz durchgeführt wurde. Ziel der Arbeit war die erstmalige Aufarbeitung der Grazer Jazzgeschichte ab 1965 unter Berücksichtigung des impliziten Wissens in der künstlerischen Jazzpraxis. Die musikwissenschaftliche Auswertung von Schriftstücken, Tonträgern und Interviews mit Zeitzeugen erlaubte eine ausführliche Darstellung des Jazz als wesentlichen, international vernetzten Teil der Grazer Kulturgeschichte. Die Betrachtung von körperlichen, prozesshaften und sensorischen Aspekten der historischen Jazzpraxis erfolgte - im Sinne der künstlerischen Forschung - mittels eines schriftlich reflektierten und auf einer beiliegenden Tonaufnahme dokumentierten Kompositionsvorhabens. Insgesamt stellt diese Arbeit ein erstes Standardwerk zur lokalgeschichtlichen und internationalen Bedeutung des Jazz in Graz ab 1965 dar und repräsentiert in methodischer Hinsicht einen innovativen Beitrag zur Verknüpfung von musikwissenschaftlichen und künstlerischen Forschungsmethoden in der Jazz- und Popularmusikforschung.
Forschungspreis des Landes Steiermark 2018
Univ.- Prof. Mag. Dr. Christian Oliver KAPPE
Institut für Chemie, Karl-Franzens-Universität Graz
für die Arbeit:
"Design and 3D printing of a stainless steel reactor for continuous difluoromethylations using fluoroform"
Modernste Verarbeitungstechnologien wie „Additive Manufacturing" und „3D-Printing" revolutionieren momentan die kundenorientierte, maßgeschneiderte Herstellung verschiedenster Produkte und Gerätschaften, die auf unterschiedlichen Ausgangsmaterialien wie Polymeren oder Metallen basieren. Zudem stellt die effiziente, umweltschonende und sichere Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe ein aktuelles Hot Topic dar, bei dem man zunehmend auf durchflusschemische Verfahren, die in maßgeschneiderten Mikroreaktoren optimal durchgeführt werden können, setzt. Viele wichtige chemische Reaktionen zur Bildung der Wirkstoffe werden durch Einsatz extremer Prozessbedingungen in Mikroreaktoren oft überhaupt erst möglich, und gestalten sich sicher, atom-effizient, lösungsmittelsparend, schnell und kostengünstig. Bahnbrechend schlägt die prämierte Publikation nun die Brücke zwischen modernsten 3D-Druckverfahren zur Herstellung neuartiger Edelstahlmikroreaktoren, und der darin durchführbaren nachhaltigen und effizienten Synthese pharmazeutischer Wirkstoffe. Konkret wird die konkurrenzlose Effizienz solcher Edelstahlmikroreaktoren zur Herstellung von Wirkstoffen, die etwa in der Krebsforschung Anwendung finden, unter Einsatz von Fluoroform, einem unbedenklichen, nicht klimaschädlichen Abfallstrom der Teflonproduktion, demonstriert. Federführend konzipiert von C.O. Kappe (Universität Graz), unterstreicht die Mitarbeit von Forschern des neuen Kompetenzzentrums CC FLOW am Standort Graz und lokaler Industrie (Anton Paar) die Signifikanz der Entwicklung für den Forschungsstandort Steiermark im aufstrebenden Bereich des Pharmaceutical Engineerings.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2018
Ass.-Prof.in DIin Dr.in Svea MAYER
Lehrstuhl für Metallkunde und metallische Werkstoffe, Montanuniversität Leoben
für die Arbeit:
"Advanced intermetallic titanium aluminides - from fundamentals to application"
Phasenumwandlungen in metallischen und intermetallischen Hochleistungswerkstoffen im festen Zustand stellen ein wichtiges Gebiet in der experimentellen und theoretischen Metallkunde dar. Komplex und mehrphasig aufgebaute Werkstoffsysteme weisen eine Vielzahl von Phasenänderungen auf, die gezielt zur Einstellung einer optimalen Mikrostruktur und Eigenschaften genutzt werden können. Nur ein fundamentales Verständnis der grundlegenden Mechanismen der Phasenumwandlungen schafft die Voraussetzung, worauf die angewandte Forschung aufbauen kann und stellt zudem einen möglichen Ausgangspunkt für technische Innovationen dar, wie z.B. der Entwicklung von Hochtemperaturleichtbauwerkstoffen aus Titanaluminiden zum Einsatz in der neuesten Generation von Flugzeugtriebwerken und Abgasturboladern. Um das Potenzial der TiAl-Werkstoffe weiter auszuschöpfen, bedarf es neben der Definition einer geeigneten Legierungszusammensetzung auch der Bereitstellung industrieller Herstellungs- und Verarbeitungstechnologien, die den Besonderheiten dieser innovativen Leichtbauwerkstoffe Rechnung tragen. Dies wurde durch die Anwendung neuer theoretischer Entwicklungskonzepte sowie den Einsatz modernster experimenteller in- und ex-situ Untersuchungsmethoden erreicht - d.h. eine erfolgreiche Umsetzung der Grundlagenforschung in ein marktfähiges Produkt. Die sogenannte TNM-Legierung wurde für den Einsatz als Turbinenschaufelwerkstoff in einem umweltfreundlichen, sparsamen und leisen Getriebefan (GTFTM)-Triebwerk der MTU Aero Engines qualifiziert und befindet sich bereits im Einsatz - im Airbus A320neo, wobei neo für „new engine option" steht.
Forschungspreisträgerinnen und -Preisträger 2017
Die Forschungspreise 2017 wurden am 15. Dezember 2017 von Wissenschaftslandesrätin MMag. Barbara Eibinger-Miedl feierlich verliehen. Sie sind mit insgesamt € 36.000,00 dotiert.
Erzherzog-Johann Forschungspreis 2017 - Dotation EUR 12.000,--
Ass.-Prof.in Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Heidrun Zettelbauer
Institut für Geschichte, Karl-Franzens-Universität Graz
für die eingereichte Arbeit:
"Sich der Nation ver|schreiben. Politiken von Geschlecht und nationaler Zugehörigkeit in autobiographischen Selbsterzählungen von Akteurinnen des völkischen Milieus"
Die Studie „Sich der Nation ver|schreiben" befasst sich mit Prozessen der individuellen politischen Sozialisation von weiblichen Akteurinnen im Kontext der politischen Rechten von 1890 bis 1960 in der Steiermark. Untersucht wird ein politisches Milieu, in dem nicht nur rigorose rassistische und antisemitische Ausgrenzungspolitiken entwickelt wurden, sondern weibliche politische Tätigkeit immer auch mit dem Konzept der „politikunfähigen Frau" konfrontiert war. In fünf exemplarischen Fallstudien wird der Frage nachgegangen, wie weibliche Aktivistinnen und Sympathisantinnen deutschnational-völkischer bzw. nationalsozialistischer Politik ihr individuelles Engagement wahrnahmen, auf welche Weise sie politische Vorgaben und Geschlechternormen in ihre eigene Lebensgeschichte integrierten und wie sie in autobiographischen Texten zugleich selbst Varianten frauenspezifischer Sozialisation erzeugten. Beleuchtet wird, aus welchen Motiven, auf welche Weise und mit welchen Argumenten ihre Identifikation mit nationalistischen/nationalsozialistischen Politiken erfolgte. Die Studie zeigt zugleich, welchen Nutzen weibliche Akteurinnen individuell und kollektiv aus ihrem politischen Engagement zogen, welche politischen Programme der Ausgrenzung und Ungleichheit sie als Journalistinnen, Autorinnen, Lehrerinnen oder Wissenschaftlerinnen entwickelten. Sichtbar wird, auf welche Weise weibliche Akteurinnen in rechten politischen Kontexten individuell agierten und wie sie ihre Lebensentwürfe mit völkischer Politik in Einklang brachten.
Forschungspreis des Landes Steiermark 2017 - Dotation EUR 12.000,--
ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Ulrich Hohenester
Institut für Physik, Karl-Franzens-Universität Graz
für die eingereichte Arbeit:
"Mapping vibrational surface and bulk modes in a single nanocube"
Licht ist elektromagnetische Strahlung mit einer Frequenz, die das menschliche Auge wahrnehmen kann. Wenn Ionen - das sind elektrisch geladene Atome oder Moleküle - schwingen, tun sie das mit einer niedrigeren Frequenz im Infrarot-Bereich, jenseits des sichtbaren Spektrums. In der ausgezeichneten Arbeit ist es Ao. Univ. Prof. Dr. Ulrich Hohenester und seiner Gruppe in Kooperation mit Kollegen an der Rutgers University in New Jersey/USA erstmals gelungen, die Schwingungen eines Ionengitters im Detail sichtbar zu machen und damit in einen bisher verborgenen Bereich der Physik vorzudringen. Möglich wurden diese Blicke in die Nanowelt durch eine neue Generation von Elektronenmikroskopen mit extrem hoher räumlicher und spektraler Auflösung. Auf Basis dieser Einsichten sind vielfältige innovative Anwendungen denkbar, von hauchdünnen Strukturen, die Räume schalldicht machen, bis hin zu thermoelektrischen Bauelementen, mit denen sich die Abwärme unseres Körpers zur Energieversorgung von tragbaren elektronischen Geräten nutzen lässt. Die aktuellen Erkenntnisse wurden Ende März 2017 in dem Fachjournal „Nature" publiziert.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2017 - Dotation EUR 12.000,--
Assoc. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Christoph Aistleitner
Institut für Analysis und Zahlentheorie, Technische Universität Graz
für die eingereichte Arbeit:
"Lower bounds for the maximum of the Riemann zeta function along vertical lines"
Schon seit Jahrtausenden sind Mathematiker von den Primzahlen fasziniert, also jenen Zahlen die sich nicht ohne Rest durch andere Zahlen teilen lassen (wie etwa 2,3,5 und 7 - hingegen sind 4 und 6 keine Primzahlen). Jede ganze Zahl lässt sich auf eindeutige Weise als Produkt von Primzahlen schreiben - die Primzahlen sind also gewissermaßen die Bausteine, aus denen alle anderen Zahlen gemacht sind. Es ist bekannt, dass die sogenannte Riemannsche zeta-Funktion viele (für Mathematiker) wichtige Informationen über die Primzahlen enthält. Die Riemannsche Vermutung, die etwas darüber aussagt an welchen Stellen die zeta-Funktion den Wert Null annimmt, gilt seit über hundert Jahren als das wichtigste ungelöste Problem der Mathematik. Obwohl viele der besten Mathematiker an dieser Vermutung gearbeitet haben (und obwohl für die Lösung ein Preisgeld von einer Million Dollar ausgeschrieben wurde), ist sie immer noch offen und eine Lösung scheint nicht absehbar zu sein. Die mit dem Förderungspreis des Landes Steiermark ausgezeichnete Arbeit von Christoph Aistleitner liefert einen wichtigen neuen Beitrag über das Verhalten der Riemannschen zeta-Funktion. Seine Ergebnisse sagen zwar nichts darüber aus, an welchen Stellen die Funktion den Wert Null hat, geben aber Auskunft darüber wie oft die Funktion außergewöhnlich große Werte annimmt. Diese Ergebnisse wurden in den Mathematischen Annalen, einer der führenden mathematischen Fachzeitschriften, publiziert. Diese Veröffentlichung hat international für Aufsehen gesorgt, weil eine Methodik verwendet wurde die in der Fachwelt bis dahin für undurchführbar gehalten wurde. Die von Aistleitner entwickelten Methoden wurden inzwischen von anderen internationalen Wissenschaftlern aufgenommen und verfeinert, und haben zu teils spektakulären neuen Ergebnissen geführt.
Forschungspreisträgerinnen und -Preisträger 2016
Die Forschungspreise 2016 wurden am 13. Jänner 2017 von Wissenschaftslandesrat Mag. Christopher Drexler feierlich verliehen. Sie sind mit insgesamt € 36.000,00 dotiert.
Erzherzog-Johann Forschungspreis 2016 (Dotation EUR 12.000,00):
Mag. Dr. Ernst ALBEGGER für die eingereichte Arbeit:
"Avifauna Steiermark - Die Vögel der Steiermark"
Die „Avifauna Steiermark" ist mit 880 A4-Seiten die bisher umfangreichste je in Österreich im Bereich Ornithologie erstellte Publikation. In einem Zeitraum von dreieinhalb Jahren hat ein zwölfköpfiges Autorenteam (Hauptautoren Dr. Albegger, O. Samwald, Univ.-Prof. Dr. Pfeifhofer) unter Leitung von Dr. Albegger das gesamte Wissen über die steirische Vogelwelt zusammengetragen und ausgewertet. Als Datengrundlage fungierte das Archiv von BirdLife Steiermark (489.000 Datensätze), die gesamte wissenschaftliche und jagdliche Literatur zur steirischen Avifauna (beginnend im frühen 19. Jahrhundert) sowie vogelkundliche Sammlungen der verschiedenen Museen des Landes. Zentralen Bestandteil bilden die insgesamt 378 Artkapitel, die detaillierte Angaben zur Verbreitung, Bestandsentwicklung und Gefährdung (Rote Liste) der heimischen Brutvogelarten sowie zum Vorkommen von Durchzüglern, Gastvögeln und Gefangenschaftsflüchtlingen beinhalten. Jedes Artkapitel enthält eine oder mehrere Abbildungen der betreffenden Vogelart (insgesamt 863 Farbfotos) sowie je nach Bedarf grafische Darstellungen zu jahreszeitlichem Auftreten und Bestandsentwicklung. Für die Brutvögel sowie für einige Wintergäste sind insgesamt 220 Verbreitungskarten abgebildet. Ringfundkarten zeigen, wo in der Steiermark beringte Vögel weltweit wiedergefunden wurden und wo in der Steiermark im Rahmen von Beringungsprojekten gefangene Vögel herkamen. Neben den Arttexten beinhaltet das Buch eine Beschreibung der Geschichte der steirischen Ornithologie (beginnend mit den ersten Aufzeichnungen im 13. Jahrhundert), der langjährigen Monitoringprojekte der steirischen Landesgruppe von BirdLife Österreich, der steirischen Geografie im Allgemeinen sowie der aus ornithologischer Sicht bedeutendsten Gebiete des Landes. Mit dem vorliegenden Buch existiert nun erstmals ein Gesamtwerk über die Vogelwelt der Steiermark, das sowohl Experten als auch Laien ausführliches Wissen vermitteln und dem Naturschutz als wertvolle Grundlage dienen kann.
Forschungspreis des Landes Steiermark 2016 (Dotation EUR 12.000,00):
ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl STEININGER (Institut für Volkswirtschaftslehre und Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"Economic Evaluation of Climate Change Impacts"
Als Gesellschaft wird uns zunehmend bewusst, wie sehr die Anpassung an den bereits ausgelösten Klimawandel uns regional vor Herausforderungen stellt, die dann am besten lösbar sind, wenn sie umgehend angegangen werden. Als Entscheidungsgrundlage dafür ist die ökonomische Bewertung dieser Auswirkungen essentiell, wie sie in Österreich zuvor nur für einzelne Regionen und Sektoren vorlag, in Studien, die zudem nicht vergleichbar waren. In der Arbeit „Economic Evaluation of Climate Change Impacts" (publiziert bei Springer) wird eine Methode entwickelt zur Bestimmung der ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels - international erstmals in diesem Detailgrad und umfassend für ein ganzes Land. Mit der Anwendung dieser Methode für Österreich kann gezeigt werden, dass allein die schon monetär bewertbaren Schäden in Österreich zur Mitte des Jahrhunderts jährlich im Durchschnitt die Größenordnung etwa der 2016 in Kraft getretenen Steuerreform erreichen - allerdings dann nur zu finanzieren und ohne Entlastung, und dies jedes Jahr. Der Detailgrad der Analyse der Auswirkungen des Klimawandels in Österreich zeigt zudem wesentlich genauer die Handlungsoptionen in der Anpassung auf und zielt darauf ab, einer entsprechenden Prioritätensetzung für die Anpassung zugrunde zu liegen.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2016 (Dotation EUR 6.000,00):
Dipl.-Ing. Dr. Julia LANGER, BSc (Institut für Chemische Technologie von Materialien, Technische Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"An Unexpected Pathway: 6Li-Exchange NMR Spectroscopy Points to Vacancy-Driven Out-of-Plane Li-Ion Hopping in Crystalline Li2SnO3"
("Ein unerwarteter Pfad: 6Li Austausch-NMR-Spektroskopie deckt die leerstellengesteuerte Li-Ionenbewegungen in kristallinem Li2SnO3 auf")
Tragbare elektronische Geräte, wie z.B. Mobiltelefone oder Notebooks, sind aus unserem jetzigen Leben kaum noch wegzudenken. Sie haben zu einem erheblichen Teil unsere Kommunikation beschleunigt und sorgen täglich für einen rasanten Informationsaustausch rund um die Welt. Batterien sind das Herz dieser Geräte; sie übernehmen die elektrische Energieversorgung. Die heutzutage leistungsfähigsten Energiespeicher nutzen die enorm hohe Beweglichkeit von geladenen Lithium-Atomen aus. Lithium-Ionen sind klein und aufgrund ihrer einfach positiven Ladung in einigen kristallinen Stoffen hoch beweglich. In einem sogenannten schnellen Ionenleiter wechselt ein Teilchen einige Milliarden Male seinen Kristallplatz in einer Sekunde. In weniger leitfähigen Stoffen sind es einige tausend Sprünge. Diese Sprungraten präzise zu erfassen - und damit ein Fenster für das Design neuer Materialien für Energiespeichersysteme zu eröffnen - ist das Thema des Fachartikels von Julia Langer. Mit Hilfe ausgefeilter Techniken der kernmagnetischen Resonanzspektroskopie gelang es ihr, nicht nur die Sprungraten in der Modellsubstanz Li2SnO3 äußerst präzise zu messen, sondern auch den zugrundeliegenden Wanderungspfad der Li-Ionen aufzuspüren - ihn praktisch sichtbar zu machen. Grundlagenorientierte Studien dieser Art sind unverzichtbar, wenn es uns gelingen soll, neue Funktionsmaterialien für moderne Speicher zu entwickeln, die elektrische Energie aus regenerativen Quellen nutzen.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2016 (Dotation EUR 6.000,00):
Dipl.-Ing. Dr. Nina SCHALK (Lehrstuhl für Funktionale Werkstoffe und Werkstoffsysteme, Department Metallkunde und Werkstoffprüfung, Montanuniversität Leoben) für die eingereichte Arbeit:
"Oxynitride - eine neue Werkstoffklasse mit maßgeschneiderten funktionalen Eigenschaften"
Die Werkstoffklasse der Oxynitride hat hohes Potential, um im Bereich multifunktionaler Schichten neue Horizonte zu eröffnen. Durch die gezielte Einstellung des Sauerstoffgehaltes können maßgeblich die Mikrostruktur und Bindungsverhältnisse in Oxynitridschichten und damit alle mechanischen, optischen und elektrischen Eigenschaften beeinflusst werden. Um Schichten mit maßgeschneiderten Eigenschaften für unterschiedliche Anwendungsgebiete wie z.B. Solarthermie oder TFT-Displaytechnologien herstellen zu können, ist es unerlässlich ein bisher nicht ausreichend vorhandenes, grundlegendes Verständnis der Synthese-Struktur-Eigenschafts-Beziehungen zu entwickeln. Daher liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Schaffung der Grundlage zur wissensbasierten Einstellung der chemischen Bindungsstruktur, um die Eigenschaften exakt an die jeweilige Anwendung anpassen zu können. Zu diesem Zweck wurde eine Serie von TiAlON Schichten mit Zusammensetzungen von der Nitrid- zur Oxidseite abgeschieden. Die Untersuchung der Schichten in Bezug auf ihre Zusammensetzung, Mikrostruktur und chemische Bindungsstruktur erlaubte es grundlegende Zusammenhänge mit ihren mechanischen und optischen Eigenschaften zu erforschen.
Weil „Sience-Busters-Familienmitglied" Martin Puntigam im Herbst bei der Verleihung des Inge-Morath-Preises für Wissenschaftspublizistik 2016 leider verhindert war, bekam er den mit 5000 Euro dotierten Preis an diesem Tag nachträglich überreicht. Mehr über den Inge Morath-Preis.....
Forschungspreisträger 2015
Die Forschungspreise 2015 wurden am 11. Dezember 2015 von Wissenschaftslandesrat Mag. Christopher Drexler feierlich verliehen. Sie sind mit insgesamt € 36.000,00 dotiert.
Erzherzog Johann-Forschungspreis des Landes Steiermark 2015:
Univ.-Doz. Dr. rer.nat Frank Madeo (Institut für Molekulare Biowissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"Acetyl-CoA: A master regulator of Autophagy and Longevity"
Eine seit Jahrzehnten akzeptierte Tatsache in der Altersforschung ist die Beobachtung, dass alle bisher getesteten Organismen - von Bakterien bis Affen - gesünder altern, wenn sie durchgehend weniger Nahrung aufnehmen. Ähnliches ergibt sich beim Fasten, wenn in periodischen Abständen die Nahrungsaufnahme ausgesetzt wird. Trotzdem waren bisher die molekularen Grundlagen dieses Anti-Aging Phänomens weitgehend unbekannt; in anderen Worten: es gab bisher keine Antwort auf die Frage „Warum ist Fasten gesundheitsfördernd bzw. sogar lebensverlängernd?" In zwei aufsehenerregenden Arbeiten konnte die Gruppe um Frank Madeo dieses Rätsel nun lösen. Wird Nahrung aufgenommen und verdaut, so werden die einzelnen Bestandteile in für den Körper brauchbare Bausteine umgewandelt. Eines der wichtigsten Bausteine ist dabei das sehr energiereiche Molekül Acetyl-CoA. Bei Nahrungsaufnahme steigt die Konzentration dieses Moleküls in den Zellen bzw. sinkt, wenn die Nährstoffzufuhr eine Zeit lang ausbleibt oder vermindert ist. Acetyl-CoA ist also eine Art Sensor, der signalisiert, wie viele Nährstoffe zur Verfügung stehen. Madeo und Kollegen konnten nun zeigen, dass die durch Fasten verminderte Acetyl-CoA Konzentration die sog. Autophagie anschaltet, eine zelluläre Selbstreinigungsmaschinerie. Dabei werden ungebrauchte, alte oder sogar gefährliche Zellbestandteile in molekularen Müllsäcken (sog. Autophagosomen) gesammelt und zum zellulären Magen, dem Lysosom, transportiert, um sie dort abzubauen. So können durch Fasten die sich während des Alterns anhäufenden Zellbestandteile wie defekte Proteine oder Mitochondrien, die eine potentielle Gefahr für die normale Zellfunktion darstellen und etwa in Alzheimer oder Krebs münden können, beseitigen. Insgesamt konnten diese Arbeiten die gesundheitsfördernden Effekte des Fastens erstmals molekular erklären. Durch die pharmakologische Manipulation der zellulären Acetyl-CoA Konzentration kann damit unter Umständen der Alterungsprozess auch beim Menschen beeinflusst werden.
Forschungspreis des Landes Steiermark 2015:
Dekan Univ.-Prof. Dipl.-Phys. Dr.rer.nat Wolfgang Erhard Ernst (Institut für Experimentalphysik, Technische Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"Kalte Moleküle für die Quantentechnologie"
Mittels einer einzigartigen Methode, die er aus den USA mitgebracht hat, erzeugt Wolfgang Ernst knapp über dem absoluten Nullpunkt (-273°C) winzige Tröpfchen aus Helium mit einem Durchmesser von etwa 5 Nanometern. Auf deren Oberfläche oder im Inneren können Atome gezielt angeordnet und zur Reaktion gebracht werden, was zu bisher nicht zugänglichen, vormals unerforschten Molekülen und Clustern führt, hier erstmalig aus Rubidium und Strontium (RbSr) sowie aus Rubidium und Calcium (RbCa). Die Suprafluidität der Tröpfchen, ein quantenmechanischer Effekt ähnlich der Supraleitung, spielt hier eine wichtige Rolle. Die Untersuchung der Eigenschaften der so erzeugten kalten Moleküle - ebenfalls eine Herausforderung - gelang mit Lasermethoden begleitet von eigenen theoretischen Rechnungen.
Kalte Moleküle sind ein hochaktuelles spannendes Gebiet, zeigen sie doch in Gaswolken im Kollektiv quantenmechanisches Verhalten. Zweiatomige Moleküle mit elektrischem und magnetischem Dipolmoment wie die beiden Neulinge sind besonders interessant für die Quanteninformationstechnologie, so z.B. die Entwicklung eines Quantencomputers.
Die Arbeit wurde am 29. November 2014 von der Presse" (Wien) vorgestellt; die American Physical Society führte auf ihrer Frühjahrstagung in San Antonio (Texas) im März 2015 einen Film über die Forschung im Institut von Prof. Ernst vor.
Das Projekt wurde gefördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und aus Mittel des Landes Steiermark.
Förderungspreise des Landes Steiermark 2015:
1. Assoz.-Prof.in Mag.a Dr.in rer.nat Monika Oberer (Institut für Molekulare Biowissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"A Peptide Derived from G0/G1 Switch Gene 2 Acts as Noncompetitive Inhibitor of Adipose Triglyceride Lipase"
Der menschliche Körper speichert überschüssige Energie in Form von Triglyzeriden welche vornehmlich im Fettgewebe gelagert werden. Triglyzeride können bei Bedarf wieder in ihre Fettsäuren aufgespalten werden, die dann z.B. als Energiequelle dienen. Nahrungsüberschuss und geringe körperlicher Betätigung stören das Gleichgewicht zwischen Aufbau bzw. Abbau der Fettdepots und führen zu verschiedenen chronischen Krankheiten. Diese belasten die einzelnen betroffenen Menschen, das Gesundheitswesen und wirken sich auch sehr negativ auf unsere Volkswirtschaft aus. Im Fettabbau spielt das in Graz entdeckte Protein Adipozyten Triglyzerid Lipase, kurz ATGL, eine Schlüsselrolle. Das Protein G0S2 (G0/G1 Switch Gene 2) greift regulierend in den Fettabbau ein, indem es hemmend auf die Aktivität von ATGL wirkt. Es stellt somit einen zentralen Ansatzpunkt in der Regulation des Fettstoffwechsels dar und beherbergt hohes therapeutisches Potential. In der Studie ist es gelungen, ein kurzes, 33 Aminosäuren-umfassendes Peptid aus dem Protein G0S2 zu isolieren welches bereits in physiologisch relevanten, nanomolaren Konzentrationen eine völlige Hemmung der ATGL Aktivität erzielt. Diese Inhibierung ist sehr spezifisch für ATGL und erfolgt durch einen nicht-kompetitiven Mechanismus. Somit träg die Arbeit bei, die Regulation von ATGL durch G0S2 besser zu verstehen und öffnet Wege zu neuen Therapieansätzen bei Störungen des Fettstoffwechsels.
2. Priv.-Doz. Mag. Dr.phil Peter Ruggenthaler (Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung) für die eingereichte Arbeit:
"The Concept of Neutrality in Stalin´s Foreign Policy, 1945-1953"
Dem Buch "The Concept of Neutrality in Stalin´s Foreign Policy", das in der Harvard Cold War Studies Book Series erschienen ist, basiert auf der Habilitationsschrift des Verfassers an der Universität Graz. Es ist damit auch die erste Monographie eines österreichischen Zeithistorikers, die an der Harvard-Universität publiziert wird.
Das Buch basiert auf jahrelangen Forschungen in russischen Archiven und zeichnet ein klares Bild der Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Autor widerspricht der weit verbreiteten Auffassung, dass die Einrichtung einer neutralen Zone von Staaten - inklusive Deutschland - zwischen Ost und West real gewesen wäre. Die Sowjetunion unter Stalin war entschlossen, die Kontrolle über ihren eigenen Einflussbereich auf deutschem Gebiet zu erhalten. Das Buch bietet damit auch wichtige Einblicke in die Entstehung des Kalten Krieges und des globalen Wettstreites mit den daraus resultierenden Folgen.
Forschungspreisträger 2014
Die Forschungspreise 2014 wurden am 5. Dezember 2014 von Wissenschaftslandesrat Mag. Christopher Drexler feierlich verliehen; sie sind mit insgesamt 32.700 Euro dotiert.
Erzherzog Johann-Forschungspreis 2014:
Univ.-Doz. Dr. Martin Moll (Institut für Geschichte, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"Die Steiermark im Ersten Weltkrieg.
Der Kampf des Hinterlandes ums Überleben 1914-1918"
Martin Moll entwirft in diesem Buch das erste fundierte Gesamtpanorama des hochindustrialisierten, zweisprachigen Kronlandes Steiermark während der vier langen Kriegsjahre 1914 bis 1918. Basierend auf einer dichten Quellenbasis wird anschaulich geschildert, wie der mörderische Kampf das Leben der Zivilbevölkerung und die Arbeit der Behörden weitab von den Fronten massiv in Mitleidenschaft zog. Auf dem Gebiet der Steiermark, die damals noch die mehrheitlich slowenisch sprechende Untersteiermark umfasste, fiel zwar während des Ersten Weltkriegs kein Schuss. Dennoch war dieser erste totale Krieg auch im steirischen Hinterland massiv spürbar. Schon im Sommer des ersten Kriegsjahres kam es zu einer Verfolgungswelle gegen die slowenische Bevölkerung. Im Land wurden Lager für Zehntausende Zwangsinternierte, Kriegsgefangene und -flüchtlinge errichtet sowie Lazarette installiert. Die prekäre Lebensmittelversorgung verschlechterte sich von Monat zu Monat, Hungerproteste erschütterten das Land. Die Rüstungsproduktion, die in der Steiermark einen ihrer Hauptstandorte hatte, wurde parallel dazu beeinträchtigt. Als die Monarchie im Herbst 1918 kollabierte, rührte sich kaum eine Hand, um die Einheit der Steiermark zu bewahren; das Unterland spaltete sich von Rest-Österreich ab.
Forschungspreis des Landes Steiermark 2014:
Univ.-Prof. Dr. Udo Thiel (Institut für Philosophie, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit
"The Early Modern Subject:
Self-Consciousness and Personal Identity from Descartes to Hume"
(Oxford University Press, 2014)"
Was ist eine Person? Ist jeder Mensch eine Person? Ist Selbstbewusstsein eine Bedingung von Personalität? Wodurch sind wir gerechtfertigt zu sagen, dass jemand zu verschiedenen Zeiten dieselbe Person ist? Diese eminent wichtigen Fragen für ganz konkrete praktische, d. i. moralisch und rechtlich relevante Zusammenhänge, etwa bei der Zurechnung von Handlungen, verweisen auf weitgefasste philosophische Problemzusammenhänge. Daher spielen die Begriffe der Person, der Identität und des Selbstbewusstseins nicht nur in der öffentlichen Diskussion beispielsweise über Fragen der angewandten Ethik eine zentrale Rolle, sondern auch in der gegenwärtigen Philosophie des Geistes. Diese philosophische Gegenwartsdiskussion wiederum ist Resultat einer langen und komplexen Entwicklung in der europäischen Geistesgeschichte, insbesondere seit der frühen Neuzeit. - Die vorliegende Arbeit unternimmt als erste eine umfassende detaillierte Analyse und kritische Bewertung dieser Entwicklung, also von mehr als 100 Jahren philosophischer Auseinandersetzungen in Frankreich, Großbritannien und Deutschland, um einen wesentlichen und innovativen Beitrag zum Verständnis und zur kritischen Würdigung sowohl der historischen als auch der gegenwärtigen systematischen Diskussionen zu leisten.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2014:
Dipl.-Ing. Dr. sc. (ETH Zürich) Stefan Freunberger (Institut für Chemische Technologien von Materialien, Technische Universität Graz) für die eingereichte Arbeit
„"Charging a Li-O2 battery using a redox mediator"
Nature Chemistry, Vol. 5, Issue 6, 489-494 (2013)
Elektrochemische Energiespeicherung ist die Schlüsseltechnologie für den Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien. Lithium-Ionen Batterien haben mobile Elektronik revolutioniert und werden eine Schlüsselrolle bei der Elektrifizierung von Fahrzeugen spielen. Jedoch wird auch die Grenze der Möglichkeiten verbesserter Li-Ionen Technologie nicht die langfristigen Bedürfnisse erfüllen können. Die Lithium-Luft Batterie könnte elektrochemische Energiespeicherung revolutionieren, falls seine theoretische spezifische Energie, die jene von Li-Ionen Batterien bei Weitem übertrifft, realisiert werden kann. Darüber hinaus kommt sie gänzlich ohne sonst in Batterien übliche Schwermetalle aus. Beim Entladen bildet sich in der positiven Elektrode festes Lithiumperoxid. Der Prozess wird beim Laden umgekehrt. Eine der Haupthürden zur praktischen Umsetzung stellt gehemmter Ladungstransport im Aktivmaterial, Lithiumperoxid, dar. Dies begrenzt die real erzielbare Kapazität, Leistung, Ladedauer und Energieeffizienz. In der vorliegenden Arbeit, die im höchst renommierten Journal Nature Chemistry veröffentlicht wurde, konnte der Bewerber zeigen, dass jener gehemmte Ladungstransport erfolgreich mittels gemischt leitender Elektrolyten umgangen werden kann. Damit wurde ein großer Schritt bei diesen Schlüsseleigenschaften und so in Richtung praktischer Realisierbarkeit der Li-Luft Batterie erzielt.
Forschungspreisträger/in 2013
Die Forschungspreise 2013 wurden am 6. Dezember 2013 von Wissenschaftslandesrätin Mag.a Kristina Edlinger-Ploder feierlich verliehen; sie sind mit insgesamt 32.700 Euro dotiert.
Erzherzog Johann-Forschungspreis 2013:
Mag. Dr. Heimo Halbrainer (Institut für Geschichte, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
„Die Eisenstraße 1938 - 1945. NS-Terror-Widerstand-Neues Erinnern.
Archiv der Namen. Ein papierenes Denkmal der NS-Opfer aus dem Bezirk Leoben (2 Bände im Schuber)"
Entlang der Eisenstraße findet man die gesamte Bandbreite menschlichen Handelns unter Zwangsbedingungen, vom militärischen Widerstand gegen das NS-Regime über das Mitläufertum mit der nationalsozialistischen Obrigkeit bis hin zum Massenmord an ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern im April 1945. Das Buch über die Eisenstraße 1938 bis 1945 dokumentiert den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, der sich im Laufe der Zeit immer mehr steigerte und ab 1943 mit Anschlägen das nationalsozialistische Regime zu stören versuchte und im Mai 1945 dafür sorgte, dass die Alpine Donawitz gemäß dem so genannten „Nero-Plan" nicht zerstört wurde. Es zeigt aber auch die Verfolgungen und das Massaker an ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter am Präbichl. Zudem gibt es Auskunft, wie nach der Befreiung vom NS-Regime 1945 mit der nationalsozialistischen Zeit in der Region umgangen wurde, wie erinnert wurde und ob und wie die NS-Verbrechen geahndet wurden. Darüber hinaus werden über 500 Opfer des NS-Regimes (Widerstandskämpfer und -kämpferinnen, Jüdinnen und Juden, Deserteure, KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter) biografisch vorgestellt.
Forschungspreis des Landes Steiermark 2013:
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Zechner (Institut für Molekulare Biowissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit
„Adiponutrin Functions as a Nutritionally Regulated Lysophosphatidic Acid Acyltransferase"
Die übermäßige Speicherung von Lipiden in der Leber, landläufig als Leberverfettung bekannt, ist der Ausgangspunkt für schwere und extrem häufige Erkrankungen wie z. B. die alkoholische und nicht-alkoholische Lebererkrankung, Leberentzündungen und Leberzirrhose. Die extrem rasante Zunahme der Diagnose Fettleber als Folge von Übergewicht und Fettleibigkeit stellt eine große medizinische Herausforderung in praktisch allen westlichen Ländern dar. Schon im Jahr 2008 hat eine Gruppe der Univ. Texas in Dallas auf Basis genetischer Studien festgestellt, dass Menschen mit bestimmten Strukturvarianten des Proteins Adiponutrin besonders häufig an Leberverfettung erkranken. Obwohl diese Studie inzwischen vielfach repliziert wurde, blieb der eigentliche Mechanismus wie Adiponutrin in den Fettstoffwechsel eingreift unklar. In der mit dem Forschungspreis des Landes Steiermark ausgezeichneten Arbeit konnte die Gruppe des Preisträgers die biochemische Funktion von Adiponutrin aufklären und zeigen, dass die pathogene Struturvariante des Adiponutrin zu vermehrter Fettsynthese führen kann. Die Ergebnisse lieferten damit einen plausiblen Mechanismus für die Leberverfettung beim Menschen und wurden in einem international höchst angesehenen Journal (Cell Metabolism) veröffentlicht.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2013:
Univ.-Ass. Mag.a Dr.in Ellen Heitzer (Institut für Humangenetik, Medizinische Universität Graz) für die eingereichte Arbeit
„Tumor associated copy number changes in the circulation of patients with prostate cancer identified through whole-genome sequencing"
Ein wesentliches Ziel in der modernen Krebsforschung ist neben der frühzeitigen Diagnosestellung, die Etablierung zielgerichteter, personalisierter Therapien, die effektiv gegen Tumorzellen vorgehen.
Ein Problem bei der Behandlung von Krebserkrankungen ist jedoch die Tatsache, dass sich Tumore in jedem Patienten anders verhalten und im Laufe der Zeit verändern können. Um die Evolution der Tumore zu verfolgen und so optimale Behandlungsstrategien zu entwickeln, müssen die molekularen Besonderheiten des jeweiligen Tumors bestimmt werden. Solche genetische Analysen wurden bisher jedoch nur durch Gewebebiopsien, also d durch Punktion des Tumorgewebes, vorgenommen - eine belastende und schmerzliche Untersuchung, die außerdem nur eine Momentaufnahme des Tumors zum Zeitpunkt der Biopsie darstellt. Im Gegensatz dazu wird bei der "flüssigen Biopsie" (liquid biopsy) nur eine Blutprobe des Patienten benötigt aus der dann das Tumorgenom rekonstruiert werden kann. In der eingereichten Arbeit, die in der Zeitschrift Genome Medicine veröffentlicht wurde, wurde aus dem Blutplasma von Prostatapatienten das Erbgut der Tumore isoliert. Die Charakteristika des Tumorgenoms wurden errechnet und - bei Wiederholungen in gewissen Zeitabständen - konnten Änderungen der für die Erkrankung verantwortlichen Gene erfasst werden. Diese von uns etablierte „Plasma-Seq" Methode ermöglicht somit eine genetische Charakterisierung von Tumoren zu unterschiedlichen Zeitpunkten nicht nur beim Prostatakarzinom, sondern auch bei vielen anderen Krebsarten. Ein nicht-invasives Monitoring der Tumorevolution kann maßgeblich zur individuellen Risikoabschätzung, zur Identifizierung von neuen prädiktiven Biomarkern, die anzeigen ob ein zielgerichtetes Medikament überhaupt wirkt, und zur frühzeitigen Erkennung von Resistenzmechanismen beitragen.
Die Forschungspreisträgerin und die Forschungspreisträger 2012
Um den hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Forschung sichtbare Anerkennung zu verschaffen und sowohl etablierte als auch junge steirische Wissenschafterinnen und Wissenschafter in verstärktem Maße zu wissenschaftlichen Leistungen anzuregen, werden die Forschungspreise sowie der Förderungspreis des Landes Steiermark alljährlich verliehen.
Bei der Preisverleihung in der Grazer Burg (7. Dezember 2012) gratulierte Wissenschaftslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder der Preisträgerin und den Preisträgern: „Wissenschafter müssen mehr leisten, als nur ihr Wissen zu vermehren. Sie haben auch die Aufgabe, dieses Wissen der Gesellschaft verständlich zu vermitteln. Denn", so Edlinger-Ploder weiter „Wissenschaft und Forschung sind für zwei Drittel unseres Wohlstandes verantwortlich. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das noch nicht überall angekommen!"
Die Forschungspreise des Landes sind mit insgesamt 33.000 Euro dotiert.
Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2012:
Mag.a Dr.in Edda Engelke (Freiberufliche Historikerin)
für die eingereichte Arbeit:
„Jeder Flüchtling ist eine Schwächung der Volksdemokratie"
Das südsteirische Grenzland war in den Fünfzigerjahren die erste Station für eine große Zahl von Menschen, die aus verschiedenen Motiven ihr Heimatland Jugoslawien auf illegalem Wege verlassen hatten. Die Volksrepublik Jugoslawien war in den Nachkriegsjahren ein unterentwickeltes Agrarland mit riesigen Problemen beim Wiederaufbau. Titos konsequente Einführung eines sozialistischen Staates war verbunden mit der Verfolgung politischer Gegner und mit wirtschaftlicher Not. Tausende Menschen versuchten diesem System zu entkommen und „in den Westen" zu gelangen. Sie überschritten illegal die jugoslawisch-österreichische Grenze im steirischen Grenzabschnitt und meldeten sich bei den österreichischen Behörden als AsylwerberInnen. Bis 1955 spielte die britische Besatzungsmacht eine entscheidende Rolle, als souveräner Staat musste die Republik Österreich ihren eigenen Weg in der Flüchtlingspolitik finden.
Der Aktenbestand über diesen Flüchtlingsstrom liegt im Steiermärkischen Landesarchiv und bildet die Basis für die vorliegende Studie. Nur wenige Menschen waren Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und dennoch erhielt die Mehrheit der Ankommenden ein Bleiberecht, das oft nur zeitlich begrenzt war, um die Auswanderung nach Übersee vorzubereiten. Ein zahlenmäßig kleiner Teil wurde (aus unterschiedlichen Gründen) abgeschoben. Die Unterlagen über die Erstaufnahme wie auch über die Entscheidungen der österreichischen Behörden geben einen Einblick in die frühen Jahre der österreichischen Asylpolitik und sie beleuchten eine bisher unbekannte Welt: was spielte sich im Grenzstreifen im Nachbarland Jugoslawien in den Fünfzigerjahren ab?
Forschungspreis des Landes Steiermark 2012:
Univ.-Prof. Dr. Gottfried Kirchengast (Wegener Zentrum für Klima- und Globalen Wandel, Karl-Franzens-Universität Graz)
für die eingereichte Arbeit:
,,Climate Benchmark Profiling of Greenhouse Gases and Thermodynamic Structure and Wind from Space"
Mit der ausgezeichneten Arbeit ist dem Klimaforscher Gottfried Kirchengast eine Revolution in der Messung von Treibhausgasen gelungen. Der Leiter des Wegener Zentrums für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz hat mit seinem Team eine völlig neue Methode entwickelt, die es erstmals möglich macht, die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre langfristig und äußerst genau weltweit zu messen. Gleichzeitig liefert das System auch exakte Daten der zentralen Klimavariablen Temperatur, Druck, Feuchte und Wind. Die Methode beruht auf Satellitenmessungen mit Hilfe von Mikrowellen- und Infrarotlaser-Signalen, die beim Durchqueren der Atmosphäre gerade so beeinflusst werden, dass sich daraus die Treibhausgase und anderen Schlüsselvariablen des Klimawandels ableiten lassen. Diese bahnbrechende Entwicklung ermöglicht tiefere Einsichten in die globalen Klimaänderungen und könnte zur Referenzmethode für das Monitoring des Klimawandels in der Atmosphäre im 21. Jahrhundert werden.
Kirchengast hatte die zündende Idee bereits Ende 2004. Jedoch war die Methode so neuartig, dass es jahrelanger Pionierarbeit bedurfte bis es Mitte 2011 endlich soweit war: die Methode wurde nach vielen strengen Evaluationen erstmals publiziert - und mittlerweile auch bei einem ersten Experiment auf den Kanarischen Inseln erfolgreich getestet.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2012:
Dr. Roland Brunner (Montanuniversität Leoben bzw. Materials Center Leoben ForschungsgmbH.)
für die eingereichte Arbeit:
,,Two-Qubit Gate of Combined Single-Spin Rotation and Interdot Spin Exchange in a DoubleQuantum Dot"
Unsere jetzige Computertechnologie stößt an ihre Leistungsgrenzen: Problemstellungen in den Materialwissenschaften, der Medizin, der Biologie etc. verlangen dass immer größere Datenmengen immer schneller verarbeitet werden müssen. Eine mögliche Lösung um mehr Rechenkraft zu generieren bietet der Quantencomputer. Dieser soll Rechenaufgaben in kürzester Zeit lösen können, für die herkömmliche Computer Jahre benötigen würden. Der Quantencomputer schöpft seine Rechenkraft aus der Quantenmechanik, die es erlaubt eine Vielzahl von Informationen simultan zu verarbeiten. Herkömmliche Computer speichern ihre Daten in einem Bit. Anders beim Quantencomputer: Hier wird als Maßeinheit für die Datenmenge ein Quantenbit (oder Qubit) verwendet, dass durch quantenmechanischen Zustände charakterisiert wird. Durch gezielte Manipulation des Quantenzustands lässt sich die Information verarbeiten - also logische Operationen durchführen. Eine Herausforderung stellt die physikalische Realisierung eines Quantencomputers dar. Ein Qubit kann durch den Elektronen Spinzustand in einem Halbleitermaterial realisiert werden. Solche Halbleiter Qubits bieten eine skalierbare Hardwareplattform - ein großer Technologievorteil. Die eingereichte Arbeit, welche in der Zeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht wurde, hat erstmals gezeigt, dass nicht nur mit einem Elektronen Spin Qubit logische Operationen durchführbar sind, sondern auch mit zwei in Reihe angeordneten Spin Qubits. „Ein wichtiger und notwendiger Schritt in Richtung Realisierung eines Elektronen - Spin basierenden Quantencomputers" heißt es dazu in Physics, einer Zeitschrift der American Physical Society.
Forschungspreisträger 2011
- Erzherzog-Johann Forschungspreis des Landes Steiermark 2011:
em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Karl Acham (Institut für Soziologie, Karl-Franzens-Universität Graz)
für die eingereichte Arbeit:
,,Kunst und Wissenschaft aus Graz, 3 Bde. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2007-2011‘‘
Die drei unter dem Reihentitel „Kunst und Wissenschaft aus Graz" zwischen 2007 und 2011 erschienenen und von Karl Acham herausgegebenen Bände beziehen sich in 111 Beiträgen, davon 29 vom Herausgeber, auf die Themenbereiche
• Naturwissenschaften, Medizin und Technik;
• Kunst und Geisteswissenschaften;
• Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.
Sie umspannen den Zeitraum vom 15. bis zum ausgehenden 20. Jahrhundert, beginnend mit dem Astronomen Kepler, dem Architekten Fischer von Erlach, dem Musiker Fux, dem Mediziner Auenbrugger, dem Orientalisten Hammer-Purgstall, den Juristen Zeiller und Jenull, dem Geologen Mohs, den Technikern Engerth und Tesla, den Philosophen Riehl und Meinong, sowie den Sozialwissenschaftlern Gumplowicz und Schumpeter - um nur einige besonders bedeutsame zu nennen. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei dem im Jahr 1811 gegründeten Joanneum als der innovativsten Institution im steirischen Kulturleben geschenkt, es kommen aber auch aktuelle wissenschaftstheoretische und wissenschaftspolitische Fragen zur Sprache. - Das mit zahlreichen Illustrationen und Literaturhinweisen versehene Sammelwerk macht deutlich, daß Graz einmal zu den herausragenden kulturellen Zentren Europas zählte, obschon die mit der Gegenreformation verbundenen Protestantenvertreibungen einen ungeheuren künstlerischen und intellektuellen Aderlass bewirkten - dem vergleichbar, was die rassistischen und politischen Verfolgungen des 20. Jahrhunderts für das österreichische Kulturleben bedeuteten. Stolz auf eine große Vergangenheit ist allerdings zu wenig. So dürfen auch jene zehn Forscher, denen während, vor oder nach ihrer in Graz ausgeübten Tätigkeit der Nobelpreis zuerkannt wurde, wie eine ganze Reihe namhafter Künstler und Gelehrter auch, nicht zum Anlass der eitlen Selbstbespiegelung oder der genüsslichen Nostalgie werden. Vielmehr sollte uns der Rückblick auf sie und andere dazu verhelfen, die Denkweisen und die Umstände ins Auge zu fassen, die solche großen Leistungen hervorbrachten, um danach auch in einer veränderten Welt dazu beizutragen, in ihrem Geist Ähnliches möglich zu machen.
- Forschungspreis des Landes Steiermark 2011:
Univ.-Prof. Dr.phil. Andreas Dorschel (Institut für Musikästhetik, Kunstuniversität Graz)
für die eingereichte Arbeit:
„Verwandlung. Mythologische Ansichten, technologische Absichten"
Um die Gegenwart und damit uns selber zu verstehen, müssen wir manchmal in die Vergangenheit schauen. Ideen kommen von weit her und leben auch von dem, was sie einmal waren. In modernen Gesellschaften ist oft und gern die Rede von ‚Transformationen‘ - zum Beispiel den ‚Transformationen‘ einer sozialen, politischen oder ökonomischen Ordnung. Mit ‚Transformation‘ meint man, dass nicht bloß etwas an einer Sache anders wird, sondern dass sie selber eine andere wird. Den Ausdruck hat schon die römische Kultur geprägt; in seinen beiden Bestandteilen stellt er die wörtliche Übersetzung des älteren griechischen Nomens ‚Metamorphose‘ dar. ‚Metamorphose‘ ist die Grundfigur des Mythos. Ihr Kompendium hat um die Zeitenwende ein Römer geschrieben, Ovid in seinen Metamorphosen. Die mythologische Idee der Metamorphose ist das erste von vier Konzepten der Verwandlung, die in überraschender Weise aneinander anknüpfen. Sie sind das Thema von Andreas Dorschels vergleichender Untersuchung Verwandlung. Mythologische Ansichten, technologische Absichten. Die weiteren großen historischen Fallstudien des Buches gelten der christlichen Vorstellung einer Transfiguration, dem Programm der Transmutation in der Alchimie, und dem Konzept der Transformation in der Biologie vom 19. Jahrhundert bis hin zu den aktuellen Entwicklungen der Gentechnologie. Der Umbau der Idee über 2000 Jahre hin lässt sich nicht ohne weiteres als Fortschritt beschreiben. Verloren hat die Idee der Verwandlung seit Ovid an Kraft, Vieldeutigkeit zu ertragen, Befremdendes auszuhalten und einer Mehrzahl von Perspektiven zugänglich zu sein.
- Förderungspreis des Landes Steiermark 2011
Dr.rer.nat. Tobias Eisenberg (Institut für Molekulare Biowissenschaften, Bereich Mikrobiologie)
für die eingereichte Arbeit:
„Induction of autophagy by spermidine promotes longevity", Nat Cell Biol 11, 1305-1314 (2009).
Im Zuge seiner Forschungsarbeit am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzenz-Universität Graz konnte Dr. Tobias Eisenberg in Zusammenarbeit mit Prof. Frank Madeo eine lebensverlängernde Wirkung des natürlich vorkommenden Polyamins Spermidin aufdecken. Spermidin findet sich nicht nur in allen menschlichen Körperzellen, sondern ist auch im Tier- und Pflanzenreich stark verbreitet und damit täglicher Bestandteil unserer Nahrung. Herr Eisenberg zeigte in seiner Arbeit, dass Spermidin die sogenannte Autophagie ankurbelt, einem ‚Aufräum-Prozess‘, der Zellen von geschädigten Bestandteilen befreit (z.B. defekte Proteine oder defekte Organellen wie Mitochondrien) und damit vor gefährlichen Schäden schützt. Dies führt nicht nur zur Langlebigkeit von Hefezellen, sondern verlängert ebenso die Lebensspanne von Würmern, Fliegen und menschlichen Immunzellen und vermindert Alters-bedingte Proteinschädigungen im Blut von Mäusen. Diese Ergebnisse könnten schon bald für die klinische Forschung höchst relevant werden, z.B. bei Alterserkrankungen wie Alzheimer und Parkinson. Diese Neurodegenerationen, dem Abbau von Nervenzellen durch Zelltod, entstehen -so vermutet man- durch Ablagerung von verklumpten Proteinen in Nervenzellen. Wie andere Studien zeigen, schützt eine Aktivierung der Autophagie in verschiedenen Tiermodellen vor Neurodegeneration. Der schützende Prozess der Autophagie steht aber auch im Zusammenhang mit vielen weiteren Krankheiten, wie z.B. Herz-Kreislauf Erkrankungen und Krebs, weshalb die pharmakologische Aktivierung von Autophagie als vielversprechender Therapieansatz zur Bekämpfung dieser Krankheiten diskutiert wird.
Die Forschungspreisträgerin und die Forschungspreisträger 2010
- Erzherzog-Johann-Forschungspreis des Landes Steiermark 2010:
Frau Mag.a Dr.in phil. Ute Lohner-Urban (Karl-Franzens Universität Graz)
für die Arbeit: "Untersuchungen im römerzeitlichen Vicus von Kalsdorf bei Graz".
Aktuelle Forschungsergebnisse über die römische Siedlung von Kalsdorf bei Graz
In den Neunziger-Jahren fanden in Kalsdorf bei Graz auf einer Fläche von 5 ha archäologische Ausgrabungen einer römischen Siedlung (lat.: Vicus) statt. Mit der anschließenden Aufarbeitung der Ausgrabung und des Fundmaterials durch Ute Lohner-Urban setzte das Institut für Archäologie der Universität Graz einen entscheidenden Forschungsschwerpunkt für den gesamten südöstlichen Teil Österreichs. Der römische Vicus von Kalsdorf ist nach der „Hauptstadt" Flavia Solva die am großflächigsten ausgegrabene römische Siedlung in der Steiermark überhaupt. Durch die Vorlage der Publikation über die Ergebnisse der Ausgrabung ist es möglich neue Aussagen über die Geschichte der Steiermark zwischen dem 1. Jh. n. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr. zu treffen. Das Fundmaterial aus dieser frühen Besiedlungszeit zeigt bereits, dass von den Einheimischen, die der keltischen Bevölkerungsgruppe zuzuordnen sind, die römischen Lebensgewohnheiten bereitwillig angenommen wurden. Es kam zu einer spannenden Vermischung des Kulturguts. Die Blütezeit der Siedlung ist in das 2. Jh. n. Chr. zu setzen. Durch den Zuzug römischer Bürger schritt die Romanisierung der Siedlung weiter fort. Ihre Bedeutung verlor sie Anfang des 4. Jhs. n. Chr. Die repräsentative Anzahl an Funden aus dieser Siedlung erlaubt eine sehr genaue Darstellung der zeitlichen Siedlungsabfolge. Dies erleichtert die historische Einordnung anderer steirischer Fundstellen, weshalb die Forschungsergebnisse auch für die zukünftigen archäologischen Tätigkeiten in der Steiermark wichtig sind. - Forschungspreis des Landes Steiermark 2010
Univ.-Prof. DI Dr.techn. Sepp Dieter Kohlwein (Karl-Franzens Universität Graz)
für die Arbeit: „Cdk1/Cdc28-dependent activation of the major triacylglycerol lipase Tgl4
in yeast links lipolysis to cell cycle progression" (Der "geschmierte" Zell-Zyklus)
Während ‘Fett' im öffentlichen Bewusstsein einen eher negativen Beigeschmack hat (Stichworte Übergewicht, Fettleibigkeit), konnte im Rahmen der Arbeiten gezeigt werden, dass Fette eine wichtige Rolle beim Zellwachstum und bei der Zellteilung spielen. Die zellulären Komponenten, die nowendig sind, um das Zellmaterial zu verdoppeln, stammen einerseits aus der Nahrung und andererseits aus bereits vorgefertigten ‘Bausteinen' - zB Fetten - die bei Bedarf mobilisiert werden. Fehlt es an den notwendigen Enzymen für die Fettspaltung kommt es zu einer deutlichen Verzögerung der Zellteilung, was einen entscheidenden Wachstumsnachteil darstellen kann. Während diese Untersuchungen in einem einfachen experimentellen Modellsystem - Hefe - durchgeführt wurden, ergeben sich weitreichende Konsequenzen auch für die Situation in tierischen und menschlichen Zellen: so könnte möglicherweise das Wachstum von Krebszellen durch eine medikamentöse Hemmung der Fettspaltung gebremst werden. - Förderungspreis für Wissenschaft und Forschung des Landes Steiermark 2010:
Univ.-Doz. DI Dr.mont. Franz Pernkopf (Technische Universität Graz)
für die Arbeit: „Graphical Models: Discriminative Learning, Inference, and Applications"
Menschen produzieren heute Unmengen von Daten. Bild- und Audiodaten, wie zum Beispiel aus bildgebenden Diagnoseverfahren oder Sprachaufnahmen, sind in der Regel mit Unsicherheiten behaftet. Zur Klärung damit verbundener Fragen reichen allein logik-basierte Ansätze nicht aus. Dafür können so genannte „Graphical Models" eingesetzt werden, das ist eine probabilistische Methode zur Beschreibung und Analyse von Daten. Graphische Modelle verbinden die Wahrscheinlichkeitstheorie mit der Graphentheorie. Diskriminative Lernverfahren für diese Modelle ermöglichen es, Wirklichkeit, repräsentiert durch statistische Daten, noch präziser abzubilden. So werden höhere Genauigkeiten in vielfältigen Anwendungsbereichen erzielt. Mit der vorliegenden Arbeit wurden diskriminative Struktur- und Parameterlernmethoden entwickelt, die die Vorteile von hervorragender Prädiktions-Performance, kontinuierlicher Interpretierbarkeit, simpler Implementation und geringer Rechenkomplexität vereinen. Sie kommen transdisziplinär etwa in der Neuroinformatik, den Kognitionswissenschaften, der Robotik und der Phonetik bzw. Linguistik zum Einsatz. Graphische Modelle sind damit unverzichtbar für „intelligente Systeme", die aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken sind.
Die PreisträgerInnen 2009 und ihre ausgezeichneten Arbeiten
- Erzherzog Johann-Forschungspreis des Landes Steiermark 2009
Dr.in Karin Gradwohl-Schlacher
Forschungsstelle Österreichische Literatur im Nationalsozialismus
Universitätsarchiv der Karl-Franzens-Universität Graz
für die eingereichte Arbeit
"Literatur in Österreich 1938-1945. Handbuch eines literarischen Systems. Band 1: Steiermark" (Co-Autor: Uwe Baur).
Mit dem Band Steiermark beginnt die Edition einer flächendeckenden Bestandsaufnahme der Literatur in Österreich während des Nationalsozialismus. In einem neuen Typus eines Handbuchs werden Schriftstellerinnen/Schriftsteller und Institutionen (Vereine, Preise, Peridika und Anthologien, Verlage und Theater) vernetzt dargestellt. Das erste AutorInnen-Lexikon der Steiermark tritt damit dem harmonisierenden heimatlichen Selbstverständnis entgegen, ohne in aufgeregte polemische Darstellung zu verfallen. In seiner nüchternen Wiedergabe der Fakten versucht es, die Auseinandersetzung mit der langen, und für viele Jahre herrschenden deutsch-nationalen Tradition des Landes auf eine breit angelegte, wertende Kanonbildungen vermeidende, sachliche und differenzierte Ebene zu führen. (Band 2: Kärnten erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2010)
- Forschungspreis des Landes Steiermark 2009 - Hauptpreis
Univ.-Prof. Dr. Peter Macheroux
Institut für Biochemie
Technische Universität Graz
für die eingereichte Arbeit:
„Redox-regulated degradation of proteins by the quinone reductase - proteasome complex"
Als Stress bezeichnet man die auftretenden Alarmreaktionen, die bei über das normale Mass hinausgehender Belastung eines Organismus auftreten. Diese führen zu einer verbesserten Reaktionsbereitschaft und Widerstandskraft und dienen damit dem Überleben des Organismus. Gelingt es einem Organismus nicht sich an die aussergewöhnlichen Belastungen anzupassen kann dies zu unumkehrbaren Folgen führen, die sich in Form von schwerwiegenden Krankheiten, wie z. B. Tumorentstehung, manifestieren. Was aber passiert auf molekularer und zellulärer Ebene wenn ein Organismus sich an bestimmte Belastungen anpasst? Dieser Frage ist die Gruppe von Prof. Macheroux am Institut für Biochemie der TU Graz nachgegangen und entdeckte dabei das Zusammenspiel dreier Proteine, die gemeinsam agieren, um Schaden von der Zelle abzuwenden. Dieses Dreigestirn ist in der Lage bestimmte Stresssignale zu erkennen und eine gezielte Antwort einzuleiten, die im Wesentlichen in der Aktivierung bestimmter „Anti-Stressgene" besteht. Damit wurde ein weiterer Baustein der zellulären Stressantwort entdeckt und der Grundstein gelegt, diesen molekularen Schalter bei der Entstehung und Bekämpfung von Krankheiten näher unter die Lupe zu nehmen.
- Förderungspreis des Landes Steiermark 2009
Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Astrid Veronig
Institut für Physik
Institutsbereich für Geophysik, Astrophysik und Meteorologie (IGAM)
Karl-Franzens-Universität Graz
für die eingereichte Arbeit:
„X-ray diagnostics of energy release and transport in solar flare/CME events"
Die energiereichsten Ausbrüche in unserem Sonnensystem haben ihre Ursache in den starken Magnetfeldern von Sonnenflecken. Bei diesen Ausbrüchen von der Sonne kommt es zur Beschleunigung von Teilchen auf Bruchteile der Lichtgeschwindigkeit und zum Auswurf von magnetisierter Sonnenmaterie in den interplanetaren Raum mit Geschwindigkeiten von Millionen Kilometern pro Stunde. Sind diese Ausbrüche Richtung Erde gerichtet, so können sie beim Auftreffen Störungen des erdnahen „Weltraumwetters" hervorrufen. Dabei kann es unter anderem zu geomagnetischen Stürmen, Polarlichtern, Fehlern in der Elektronik und den Bahnen von Satelliten kommen. Aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit unserer modernen Gesellschaft von satellitenbasierender Kommunikation und Technik, ist ein besseres Verständnis und Voraussagen des Weltraumwetters von hoher Relevanz. Dazu sind bessere Einsichten in die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse auf der Sonne und die Kopplungsprozesse im interplanetaren Raum zwischen Sonne und Erde notwendig. Die vorgelegte Arbeit liefert Beiträge zu einem besseren Verständnis der explosiven Energiefreisetzung, des Energietransports, der Teilchenbeschleunigung und der Ausbreitung von solaren Massenauswürfen, basierend auf Beobachtungen der NASA- und ESA-Missionen RHESSI, SOHO und STEREO.
Die Preisträgerin und die Preisträger 2008 und ihre ausgezeichneten Arbeiten
- Forschungspreis des Landes Steiermark 2008:
Univ.-Prof.in Mag.a DDr.in Claudia Ambrosch-Draxl (Lehrstuhl für Atomistic Modelling and Design of Materials, Montanuniversität Leoben) für die eingereichte Arbeit:
"Importance of Van Der Waals Interaction for Organic Molecule-Metal Junctions: Adsorption of Thiophene on Cu(110) as a Prototype"
Die hohe Flexibilität von organischen Molekülen ermöglicht organische Halbleiter mit völlig neuen und noch unerforschten Einsatzmöglichkeiten in der Optoelektronik. Doch dieser Vorteil kann nur dann gezielt genutzt werden, wenn ihre - im Vergleich zu ihren "anorganischen Kollegen" bedeutend höhere - Komplexität besser verstanden wird aufgrund von aufwändigen Berechnungen, die Geschick und Kreativität verlangen. Die vorliegende, in den hoch angesehenen Physical Review Letters veröffentlichte Publikation ist für die Funktion organischer Halbleiter von entscheidender Bedeutung, da sie wesentliche neue Erkenntnisse zum Verständnis der Wechselwirkungen an den Grenzflächen zwischen einem Metall und organischem Material liefert: In der Arbeit konnte gezeigt werden, dass die schwache van-der-Waals Kraft allein ausreichen kann, um organische Moleküle auf einer Metalloberfläche zu halten, zum Beispiel für die Bindung des organischen Moleküls Thiophen auf einer Kupferoberfläche. Gleichzeitig zeigt sich auch, dass in diesem System keine Ladung zwischen den Atomen des organischen Moleküls und des Trägermaterials transferiert wird. Diese Ergebnisse der Grundlagenforschung auf atomarer Längenskala sind auch für die moderne Elektronik mit organischen Bauelementen eine wichtige Erkenntnis. Aufgrund ihrer Schwäche wurden van-der-Waals Kräfte in diversen Berechnungsmethoden der computerorientierten Materialphysik bisher nie berücksichtigt, was sich nun vermutlich ändern wird: Die neuen Daten erweitern nicht nur unser grundlegendes Verständnis für die Wechselwirkungen an Grenzflächen, sondern erfordern nebenbei auch die Neuberechnung zahlreicher publizierter Ergebnisse auf diesem Gebiet.
- Förderungspreis des Landes Steiermark 2008:
Privatdozent Dr. Christian Enzinger (Universitätsklink für Neurologie, Medizinische Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"Functional MRI Correlates of Lower Limb Function in Stroke Victims With Gait Impairment"
Jährlich erleiden ungefähr 20.000 Österreicher einen Schlaganfall, das bedeutet ein Schlaganfall alle 6 Minuten. Schlaganfall gilt als Hauptursache bleibender Behinderung im Erwachsenenalter, wobei die Immobilität infolge von Beinlähmung ein besonderes Problem darstellt. Neueste Forschungserkenntnisse belegen, dass die Wiederherstellung von Funktionen nach Schädigungen des Gehirns zumindest teilweise auch durch Umlernvorgänge der Bewegungskontrolle erreicht werden kann. Forschern der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Graz um Christian Enzinger gelang in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford anhand der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) der Nachweis, dass die unversehrte Hemisphäre des Gehirns bei der Vermittlung der Bewegung eines infolge eines Schlaganfalls gelähmten Beins für die verletzte Seite des Gehirns bis zu einem gewissen Grad „einspringen" kann. Diese Ergebnisse belegen die Sinnhaftigkeit der Neurorehabilitation und ermutigen überdies zu intensiver Suche nach Möglichkeiten, derartige Prozesse in Zukunft gezielt mittels Trainings oder auch spezieller Medikamente zu fördern.
- Erzherzog-Johann Forschungspreis 2008:
Privatdozent Dr. Carlos Watzka (Institut für Soziologie, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"Sozialstruktur und Suizid in Österreich. Ergebnisse einer epidemiologischen Studie für das Land Steiermark"
Die Studie von Carlos Watzka mit dem Titel „Sozialstruktur und Suizid in Österreich. Ergebnisse einer epidemiologischen Studie für das Land Steiermark" (erschienen im VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008) beschäftigt sich mit der Problematik der Selbsttötung, des so genannten „Selbstmords", und zwar unter dem speziellen Gesichtspunkt, dass im Land Steiermark seit Jahrzehnten kontinuierlich eine deutlich höhere Anzahl von Suiziden je bezogen auf die Einwohnerzahl, festzustellen ist, als in den meisten anderen österreichischen Bundesländern (nur in Kärnten ist die Lage ähnlich) - und dies, obwohl Österreich insgesamt im internationalen Vergleich eine sehr hohe Suizidrate aufweist. Daher wurde in der Untersuchung zunächst den kollektiven Ursachen für diese besondere Betroffenheit der Steiermark näher nachgegangen, mit dem Ergebnis, dass zum Teil ungünstige sozialstrukturelle Muster hierzulande dafür verantwortlich sind: Tendenziell töten sich Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau, weniger qualifizierter Berufstätigkeit und geringerem Einkommen häufiger als andere, wenn schwere persönliche Belastungen, wie seelische oder körperliche Erkrankungen oder auch Probleme in der Partnerschaft bzw. am Arbeitsplatz auftreten. Zudem sind aber auch die Betreuungsangebote im psychiatrisch-psychotherapeutisch-psychosozialen Bereich für Menschen in Krisensituationen in der Steiermark immer noch weniger dicht als in anderen Teilen Österreichs. In einem weiteren Teil der Studie wurde dann im Detail herausgearbeitet, wie häufig und in welchen Konstellationen bei den Menschen, die in der Steiermark in den Jahren 2000-2004 Suizid begangen haben, zuvor bestimmte Belastungsfaktoren aufgetreten sind. So ist nun ein genaueres Wissen über besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen vorhanden, was für künftige Verbesserungen der Suizidpräventionsmaßnahmen sehr nützlich sein kann.
Die Preisträger(innen) des Jahres 2007 und ihre ausgezeichneten Arbeiten
- Forschungspreis 2007:
Frau Univ.-Prof. Dr. Irmtraud FISCHER (Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaften, Vizerektorin für Forschung und Weiterbildung, Karl-Franzens-Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
„Gotteslehrerinnen. Weise Frauen und Frau Weisheit im Alten Testament"
In der Öffentlichkeit gelten Religionen heute oft als letzter Hort eines konservativen Frauenbildes, das den gesellschaftspolitischen Bestrebungen um die Gleichbehandlung der Geschlechter entgegensteht. Irmtraud Fischer hat mit dem Buch "Gotteslehrerinnen" - zusammen mit den bereits ins Amerikanische übersetzten "Gottesstreiterinnen" und den "Gotteskünderinnen" - eine Trilogie vorgelegt, die derzeit ins Französische übersetzt wird. Sie zeigt in diesen auch für breitere Kreis lesbaren Büchern auf, dass das Alte Testament zwar einer patriarchalen Kultur entstammt, jedoch erstaunlich viele Geschichten über starke Frauen erzählt. In den „Gotteslehrerinnen" legt sie die Texte über weise und Rat gebende Frauen aus, die die Staatsgeschicke mitbestimmen oder wie Managerinnen eines großen Wirtschaftsbetriebes beschrieben werden. Sie zeigt auf, dass Frauen und Männer in der Vermittlung der offiziellen Glaubenstraditionen tätig sind. Fischer gewährt Einblicke in die Texte um „Frau Weisheit", die sie nicht als depotenzierte Göttin, sondern als potenzierte Weiblichkeit Gottes deutet. Mit einer Lektüre möglichst nahe am hebräischen Text leitet sie zu einer geschlechterfairen Öffnung des biblisches Gottesbild an. Die Grundtexte des Judentums wie des Christentums erweisen sich damit als wesentlich weniger auf Männer zentriert, als dies in der Wirkungsgeschichte oft angenommen wurde. Fischers Bibellektüre ist ein Inkulturationsversuch in eine Zeit und Gesellschaft, die Gendermainstreaming als Instrument für alle Entscheidungen im öffentlichen Bereich vorsieht.
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Förderungspreis 2007:
Univ.-Prof. DI Dr. Hansjörg ALBRECHER (Institut für Mathematik, Technische Universität Graz) für die eingereichte Arbeit:
"Ruin probabilities and aggregate claims distributions for shot noise Cox processes"
Die Forschungsarbeit beschäftigt sich mit dem Studium der Ruinwahrscheinlichkeit von Versicherungsportefeuilles. Wie kann eine Versicherungsgesellschaft überleben, also solvent bleiben, wenn sie auf Grund einer Naturkatastrophe plötzlich untypisch viele Schadenzahlungen zu leisten hat? Mit welcher Prämienstrategie wird Ruin mit welcher Wahrscheinlichkeit verhindert? Für ein Modell, in dem die Anzahl der Schadensfälle mit einem Shot-Noise Cox Prozess stochastisch modelliert wird, werden in dieser Arbeit klassische Resultate der Risikotheorie erweitert und das asymptotische Verhalten der Ruinwahrscheinlichkeit sowohl für exponentiell beschränkte Einzelschadensverteilungen wie auch für Großschäden bei endlichem und unendlichem Zeithorizont untersucht. Es stellt sich heraus, dass unter Verwendung zahlreicher analytischer und wahrscheinlichkeitstheoretischer Techniken explizite Ergebnisse für das asymptotische Verhalten von Ruinwahrscheinlichkeiten in diesem erweiterten Modell erzielt werden können, die eine vollständige Klassifikation erlauben. Weiters werden Gesamtschadensapproximationen hergeleitet. Schließlich werden die Resultate auf den Fall eines Portfolios verallgemeinert, in dem auf Grund zu geringer Schadenserfahrung die Prämien für neue Verträge immer am laufenden Schätzwert für die Schadensgrößen angepasst werden.
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Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2007:
Frau Dr. Barbara KAISER für die eingereichte Arbeit
"Monographie Schloß Eggenberg"
Schloß Eggenberg ist ein einzigartiges Gesamtkunstwerk des frühen Barock.
Architektur und Ausstattung verbinden sich hier zu einer komplexen symbolischen Darstellung des Universums, das Weltgebäude eines gelehrten Staatsmanns.
Die neue Residenz des kaiserlichen Statthalters Hans Ulrich von Eggenberg war politische Architektur, anspruchsvolle Legitimation für die Herrschaft einer Familie. So ist das Haus als riesiges Gleichnis erbaut, in dem der Bauherr seine Utopie einer geordneten Welt in einer Epoche von Chaos und Auflösung formuliert.
Mittelpunkt dieses vielschichtigen Gedankengebäudes ist ein kostbares Ensemble historischer Interieurs : ein Gesamtkunstwerk mit einer beeindruckenden Fülle von Darstellungen aus der klassischen Mythologie, der antiken wie biblischen Historie, zugleich Panorama der Universalgeschichte wie Tugendspiegel im Geiste des Barock.
Für kurze Zeit begegnen einander hier Landesgeschichte und Weltgeschichte.
Der Band unternimmt erstmals den Versuch, diese komplexe Bildwelt zu erklären und das umfangreiche Wissen um Gebäude, Ausstattung und Gärten, deren Auftraggeber und Künstler zusammenzuführen und für den modernen Betrachter lesbar zu machen.
Er stellt damit einen wichtigen Beitrag zur Grundlagenforschung des frühneuzeitlichen Schlossbaus in Österreich dar, und tritt dem Umstand, dass Eggenberg im Kontext der österreichischen Kunstgeschichte immer noch nicht ausreichend und seiner Bedeutung gemäß gewürdigt wird, entgegen. Es ruft in Erinnerung, dass die Anfänge der genuin österreichischen Barockmalerei nicht in Salzburg und Wien, sondern mit dem Meisterwerk des Hofmalers Weissenkircher im Eggenberger Planetensaal zu finden ist.
Die Preisträger(innen) des Jahres 2006
- Forschungspreis 2006:
Herr Univ.-Prof. Dr. Alfred WAGENHOFER (Institut für Controlling und Unternehmensführung, Karl-Franzens-Universität Graz)
für seine eingereichte Arbeit „Worldwide Financial Reporting - The Development and Future of Accounting Standards"
- Förderungspreis 2006:
Frau Univ.-Ass. Dipl.-Ing. Dr. Kristina SEFC (Institut für Zoologie, Karl-Franzens-Universität Graz) für ihre eingereichte Arbeit „Genetic continuity of brood-parasitic indigobird species”
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Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2006:
Herr Univ.-Prof. Dr. Wernfried HOFMEISTER (Institut für Germanistik, Karl-Franzens-Universität Graz) für seine eingereichte Arbeit „Hugo von Montfort - Das poetische Werk“
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Die Preisträger(innen) des Jahres 2005
- Forschungspreis 2005:
Dr. Robert ZIMMERMANN PhD. (Institut für Molekulare Biowissenschaften, Medizinische Universität Graz)
für seine eingereichte Arbeit „Fat Mobilization in Adipose Tissue Is Promoted by Adipose Triglyceride Lipase”
- Förderungspreis 2005:
Univ.-Doz. Dr. Peter FICKERT (Labor für experimentelle und molekulare Hepathologie, Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Medizinische Universität Graz
für seine eingereichte Arbeit „Oncosis represents the main type of cell death in mouse models of cholestasis”
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Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2005:
Mag. Dr. Bernd ZECHMANN (Institut für Pflanzenphysiologie, Karl-Franzens-Universität Graz)
für seine eingereichte Arbeit „Changes in the subcellular distribution of glutathione during virus infection in Cucurbita pepo (L)“
Die Preisträger(innen) des Jahres 2004
- Forschungspreis 2004:
Univ.-Prof. DI Dr. Jakob WOISETSCHLÄGER (Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik, Technische Universität Graz)
für seine eingereichte Arbeit „Laser optical investigation of turbine wake flow. Stereoscopic particle image velocimetry in a transonic turbine stage. Influence of blade passing on the stator wake in a transonic turbine stage investigated by particle image velocimetry and laser vibrometry”
- Förderungspreis 2004:
Univ.-Prof. Dr. Marianne HILF (Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie, Karl-Franzens-Universität Graz
für ihre eingereichte Arbeit „Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen und Verbänden mit Rechtspersönlichkeit in Österreich”
- Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2004:
Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Martin POLASCHEK (Institut für Österreichische Rechtsgeschichte und
Europäische Rechtsentwicklung, Karl-Franzens-Universität Graz)für seine eingereichte Arbeit „Im Namen der Republik Österreich! Die Volksgerichte in der Steiermark 1945 bis 1955“
Die Preisträger(innen) des Jahres 2003
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Forschungspreisträger des Landes Steiermark 2003:
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Gerhard LITSCHER (Abteilung für Biomedizintechnische Forschung, Universität Graz)
für seine eingereichte Arbeit: „High-Tech Akupunktur® - Computergestützte Objektivierungstechniken der Akupunktur“
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Förderungspreisträger des Landes Steiermark 2003:
Univ.-Doz. Mag. Dr. Walter KURZ (Institut für Technische Geologie und Angewandte Mineralogie, Technische Universität Graz)
für seine eingereichte Arbeit „The exhumation of eclogite-facies metamorphic rocks – a review of models confronted with examples from the Alps”
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Erzherzog-Johann-Forschungspreisträger des Landes Steiermark 2003:
Franz MANDL
für seine eingereichte Arbeit „Almen im Herzen Österreichs“