Themenspezifischer Forschungspreis des Landes Steiermark 2017
Die Forschungslandschaft in der Steiermark ist vielschichtig und vor allem sehr vernetzt. Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ergänzen sich synergetisch. Gerade die Vernetzung von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und der Industrie bildet für unser Bundesland einen herausragenden Standortvorteil und gleichzeitig ein Alleinstellungsmerkmal. Daher bildete der im Jahr 2017 ausgeschriebene Themenspezifische Forschungspreis eine Plattform für die Einreichung unterschiedlicher Forschungsarbeiten oder Forschungsprojekte , die es allen universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der Steiermark ermöglicht, ihre wissenschaftliche Exzellenz zu präsentieren.
Durch die Ausschreibung des Themenspezifischen Forschungspreises setzte das Land Steiermark ein sichtbares Zeichen der besonderen Bedeutung und Anerkennung für hervorragende Forschungsleistungen und Errungenschaften und regte damit - sowohl junge als auch etablierte - Forschende in verstärktem Maße zu wissenschaftlichen Leistungen an. Die besten Einreichungen wurden in folgenden Kategorien separat ausgezeichnet:
⇒ Human (Kategorie 1)
⇒ Brain (Kategorie 2)
⇒ Earth (Kategorie 3)
⇒ Digital (Kategorie 4)
⇒ Industry (Kategorie 5)
⇒ Mobility (Kategorie 6)
→ Nachwuchs (zusätzlicher Sonderpreis für bestgereihte/n Nachwuchswissenschafterin/-wissenschafter in allen 6 Kategorien)
→ Landespreis für Forschung (zusätzlicher Preis für die herausragendste Arbeit unter allen Gewinnerinnen/Gewinnern der 6 Kategorien)
Preisträger in Kategorie 1 - Human (Dotation: Euro 5.000,00)
Dipl.-Ing. Emrah EROGLU, BSc PhD
Institut für Molekularbiologie und Biochemie, Medizinische Universität Graz
für die eingereichte Dissertation:
"Untersuchung zellulärer Stickstoffmonoxid Signale in lebenden Zellen"
"Shining a Light on Cellular Nitric Oxide Signals"
Vor knapp vier Jahrzehnten haben amerikanische Wissenschaftler die biologische Bedeutung von Stickstoffmonoxid (NO) im Blutkreislaufsystem entdeckt. Erst achtzehn Jahre später wurden sie dafür mit dem Nobelpreis geehrt. Erneut achtzehn Jahre später und jahrelanger Forschung mit mehr als 150.000 wissenschaftlichen Publikationen über NO ist es nun erstmals österreichischen Forschern am Institut für Molekularbiologie und Biochemie an der Meduni Graz gelungen in lebenden Zellen die Bildung und den Abbau von NO zu messen. Dazu haben die Forscher leuchtende Proteine genetisch so verändert, dass sie direkt und schlagartig auf NO Veränderungen innerhalb der Zelle reagieren und ein messbares Signal liefern. Mithilfe dieser Technologie können zukünftig krankheitsbedingte Störungen u.a. im Herzkreislaufsystem besser erforscht und entsprechende Therapien entwickelt werden. Die geNOps Technologie wurde seitens der Meduni Graz patentiert und Lizenzen für den Vertrieb an die Spin-Off Firma NGFI (Next Generation Fluorescence Imaging GmbH) in Graz vergeben. International wird die Technologie bereits für die Erforschung von NO Signalen in unterschiedlichen Modelsystemen erfolgreich eingesetzt. Seit dem Einsatz der geNOps sind mehrere neue Erkenntnisse im Gebiet der Kardiovaskular-Forschung in renommierten Fachjournalen publiziert worden erklärt Dipl.-Ing. Dr. Emrah Eroglu, Erfinder der bunt-leuchtenden Sensoren.
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Preisträger in Kategorie 2 - Brain (Dotation: Euro 5.000,00) & Landespreis, geteilt (Preisgeld € 5.000,00 geteilt)
Dipl.-Patholinguistin Susanne SEIFERT, PhD
Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft, Integrationspädagogische und Heilpädagogische Psychologie, Karl-Franzens-Universität Graz
für die eingereichte Dissertation:
"Entwicklung und Evaluierung eines wortschatzbasierten Förderkonzeptes zur Verbesserung der Lesefähigkeiten von Kindern im Unterricht sprachlich heterogener Grundschulklassen"
"Development and evaluation of a vocabulary based reading concept for primary school children in linguistically diverse reading classes"
Wie kann man in Klassen mit einem hohen Anteil an Kindern mit anderen Erstsprachen den Leseunterricht gestalten? Dieser Frage geht Susanne Seifert in ihrer Dissertation nach. Zunächst wurde die heterogene Ausgangslage in Bezug auf schriftsprachliche Fähigkeiten zu Beginn der zweiten Schulstufe in steirischen Volksschulklassen beleuchtet. Anschließend wurde ein Konzept erarbeitet, welches die Wortschatzarbeit mit differenzierten Lesetexten und -aufgaben verknüpft. Der Einsatz dieses Konzeptes wurde in einem weiteren Schritt zunächst erprobt und pilotiert, anschließend mit 159 Kindern der zweiten Schulstufe während eines gesamten Schuljahres evaluiert. Die Ergebnisse zeigten dabei, dass durch die Kombination der Wortschatzarbeit mit differenzierten Lesematerialien im Vergleich zu regulärem Unterricht die Lesefähigkeiten und der Wortschatz verbessert werden können. Anregungen für einen gelingenden Leseunterricht in Klassen mit Kindern unterschiedlichster Erstsprachen werden gegeben.
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Preisträger in Kategorie 3 - Earth (Dotation: Euro 5.000,00)
Dipl.-Ing. Dr. Gernot VOITIC
Institut für chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, Technische Universität Graz
für die eingereichte Dissertation:
"Produktion von reinem komprimiertem Wasserstoff mittels Chemical Looping Verfahren"
"Pure compressed hydrogen production by chemical looping technology"
Wasserstoff ermöglicht in Kombination mit Brennstoffzellen eine emissionsfreie Energienutzung in mobilen und stationären Anwendungen. Ein Konsortium bestehend aus dem Startup Unternehmen RGH2 und der technischen Universität Graz entwickeln ein hoch effizientes System zur dezentralen Erzeugung von reinem Wasserstoff aus erneuerbaren Rohstoffen mit Hilfe des chemical looping Verfahrens. Diese dezentrale Wasserstofferzeugung bietet gegenüber konventionellen Verfahren zahlreiche ökonomische und ökologische Vorteile, allen voran den effizienten Einsatz von lokal verfügbaren nachwachsenden Rohstoffen und die CO2 neutrale Wasserstoffproduktion. Im Zuge seiner wissenschaftlichen Tätigkeit untersuchte Gernot Voitic die Produktion von direkt komprimiertem hoch reinem Wasserstoff aus einem Synthesegas. Es konnte gezeigt werden, dass der chemical looping Prozess unter Hochdruckbedingungen betrieben werden kann, wodurch maßgebliche Effizienzsteigerungen und eine Reduktion der Herstellungskosten des Wasserstoffs möglich sind. Diese Entwicklungen führen letztendlich dazu, dass die dezentrale nachhaltige Vorort Wasserstofferzeugung gegenüber der zentralen fossilen Wasserstoffversorgung konkurrenzfähig wird und der gesellschaftliche Wandel zu einer nachhaltigen Energienutzung beschleunigt wird.
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Preisträger in Kategorie 4 - Digital (Dotation: Euro 5.000,00)
Assoz. Prof. PD Mag. Dr. Tobias MADL
Institut für Molekularbiologie und Biochemie, Medizinische Universität Graz
für die eingereichte Publikation:
"Strukturvorhersage von Proteinen mittels Oberflächenzugänglichkeits-Daten"
"Prediction of Protein Structure Using Surface Accessibility Data"
Um grundlegende molekulare Mechanismen in der Medizin und Pharmazie zu verstehen, muss man zuerst die 3D Struktur von Biomolekülen kennen. In der ausgezeichneten Arbeit haben Forscher der Medizinischen Universität Graz unter der Leitung von Tobias Madl einen Weg gefunden, der die schnelle Strukturbestimmung von Proteinen ermöglicht.
"Die Aufklärung der Raumstruktur von Biomolekülen ist essenziell für die Erforschung menschlicher Erkrankungen und von Alterung und ist oft der Flaschenhals in der biomedizinischen Forschung", schilderte der Grazer Strukturbiologe Madl. Doch die Bestimmung dieser sogenannten Tertiärstruktur stellt Forscher vor große Herausforderungen. Gemeinsam mit seinem Forscherteam hat er einen Ansatz gefunden, wie die dreidimensionalen Strukturen dieser Biomoleküle rechnerisch vorhergesagt werden können.
"Die Herausforderung ist vergleichbar mit dem Lösen eines 3D Puzzles, von dem wir weder im Vorhinein wissen wie es aussieht noch wie die einzelnen Puzzlesteine genau aussehen. Nur mittels der Information, welche Teile sich außen und innen befinden, können wir die richtigen Puzzlesteine auswählen und sie in ihre richtige 3D Struktur zusammensetzen", sagte der Wissenschaftler. Zur Messung der experimentellen Daten in atomarer Auflösung verwendeten die Forscher die Kernresonanz-Spektroskopie.
Die Grazer Forscher erhoffen sich entscheidende Fortschritte für die Medizin und die Biologische Forschung: "Unser Ansatz eröffnet neue Wege zur automatisierten Strukturvorhersage einer Vielzahl von Biomolekülen und kann auch mit andern Methoden wie Massenspektrometrie oder der Bioinformatik kombiniert werden", freute sich Madl.
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Preisträger in Kategorie 5 - Industry (Dotation: Euro 5.000,00)
Ing. Mag. Daniel TINELLO
Institut für Technische Logistik, Technische Universität Graz
für die eingereichte Publikation:
"Bionik angewandt auf die Fabriklayoutplanung: Strukturen basierend auf Fibonacci, Spinnennetze und Nautilus Muscheln als Bio-Inspiration um interne Transportkosten in Fabriken zu reduzieren"
"Biomimetics applied to factory layout planning: Fibonacci based patterns, spider webs and nautilus shell as bio-inspiration to reduce internal transport costs in factories"
Mithilfe der Bionik konnten im Laufe der vergangenen Jahre in einigen Wissenschaftsdisziplinen erfolgreiche Neuentwicklungen z.B. selbstreinigende Fassadenfarben (Lotus-Effekt), künstliche Haifischhaut im Flugzeugbau etc. durchgeführt werden. Wäre die Bionik aber auch für Fabriken sinnvoll? Könnten die Fabriken der Zukunft wie Muscheln, Sonnenblumen oder Spinnennetze aussehen? In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen wie die Ansätze der Bionik auch der Fabriklayoutplanung zugutekommen können. Ein Großteil der bekannten Planungsansätze für Fabriken erzeugt zwar gute Lösungen für eine Aufgabenstellung, sobald es aber zu Änderungen wie zum Beispiel Produktneueinführungen, Neuzubauten etc. kommt, wird ein zuvor optimales System plötzlich suboptimal und kann sogar zu Wettbewerbsnachteilen führen.
Schaut man in die belebte Schöpfung, so findet man Systeme die sich sowohl an kurz- und langfristige Änderungen anpassen. Außerdem wachsen natürliche Systeme in einer Weise, dass alle involvierten Elemente während des Wachstums ohne Störung weiterfunktionieren. Überprüft wurde ob mithilfe der Bionik sowohl Prinzipien als auch Designansätze in der Natur zu finden sind, die bei der Entwicklung von neuartigen Fabriklayouts angewendet werden können, so dass Fabriken sich zukünftig besser an Veränderungen anpassen können. In einer der Fallstudien konnte durch ein bio-inspiriertes Verfahren sogar 43,5% der Transportkosten im Gegensatz zur Original-Fabrik eingespart werden. Fabriken könnten also bald anders aussehen als gewohnt.
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Preisträger in Kategorie 6 - Mobility (Dotation: Euro 5.000,00) & Nachwuchspreis (Euro 3.000,00) & Landespreis geteilt (Euro 5.000,00 - Preisgeld geteilt)
Dipl.-Ing. Dr. Christoph GRIMMER, BSc, B.A.(Econ.)
Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, Technische Universität Graz
für die eingereichte Dissertation:
"Energie- und Wasserstoffspeicherung in Borhydrid-basierten ionischen Flüssigkeiten"
"Energy and Hydrogen Storage in Borohydride based Ionic Liquids"
Die Dissertation von Christoph Grimmer beschäftigt sich mit der Verwendung von ionischen Flüssigkeiten zum Zweck der Energie- und Wasserstoffspeicherung. Die Flüssigkeit ist dabei völlig unbrennbar - eine Eigenschaft die bei flüssigen Energiespeichern äußerst selten ist.
Im Rahmen der Arbeit wurde eine Direkt-Brennstoffzelle entwickelt und als Prototyp realisiert, welche in der Lage ist die gespeicherte Energie hocheffizient und passiv (ohne jegliche Peripherie) in Gleichstrom umzuwandeln. Dabei wurde erstmalig völlig auf Platin als Elektrokatalysator verzichtet, was eine signifikante Kostenreduktion mit sich bringt. Als solche bildet diese Entwicklung die Basis für künftige Direkt-Brennstoffzellen, die mit einfachstem und günstigem Aufbau unter anderem alkoholhaltige Flüssigkeiten (z.B. Bier, Wein, oä.) direkt zu Strom umwandeln kann - doppelt so effizient wie Verbrennungskraftmaschinen.
Alternativ kann die untersuchte ionische Flüssigkeit als Wasserstoffspeichermedium verwendet werden. Wasserstoff kann dabei drucklos und in Form einer unbrennbaren Flüssigkeit gelagert werden.
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