"Die Zunahme von Nicht-Wissen"
1. Ausschreibung in der Reihe 'Polaritäten in der Wissensgesellschaft'
SIEGERPROJEKTE
Der im Zeitraum von 3. März bis 4. April 2014 veröffentlichte Call unserer Ausschreibungsreihe Polaritäten in der Wissensgesellschaft erfreute sich eines sehr großen Echos. Besonders interessant stellt sich die Vielfalt der an der Ausschreibung beteiligten Disziplinen dar: von Rechts- und Politikwissenschaften über klassische Fächer (zB Philosophie, Soziologie) bis hin zu Humangeographie reichte das Spektrum der Einreichungen. Im Zuge der Ausschreibung wurden institutionelle und inhaltliche Kooperationen mit international renommierten Universitäten (zB Rutgers New Jersey, Michigan, Cardiff, Turin) und regionale Partnerschaften (Almenland, Vulkanland, FI Geragogik u.a.) aufgebaut. Dass ein in hohem Maße geisteswissenschaftlich orientiertes Ausschreibungsthema ein breites Echo auch der anwendungsorientierten Forschung (zB Technische Universität Graz, Medizinische Universität Graz) hervorgerufen hat, lässt ein vielfach noch ungenutztes Potential an interdisziplinären Lösungsansätzen zu gesellschaftlichen Problemstellungen in der Steiermark vermuten.
Die in förderungstechnischer Hinsicht geprüften Projekte wurden Ende April zur inhaltlichen Bewertung an eine Expertenjury übergeben, um am 12. Juni 2014 einer gemeinsamen Beurteilung und einem abschließenden Auswahlverfahren unterzogen zu werden.
Sieben Forschungsvorhaben der Karl-Franzens-Universität Graz (14 leitende und kooperierende Institute) im Verbund mit insgesamt 15 Partnerinstitutionen gingen als Siegerprojekte hervor; sie wurden von der Jury als exzellente und teilweise sogar als voraussichtliche internationale Hot Spots für die Steiermark eingestuft. INSGESAMT wurden Förderungsmittel in Höhe von EUR 646.079,00 vergeben.
REIHUNG DER SIEGERPROJEKTE ALPHABETISCH NACH PROJEKTTITELN!
"Die Bedeutung von Nicht-Wissen für ältere Menschen"
Mag.a Dr.in Claudia Gerdenitsch
Institut für Erziehungs-/Bildungswissenschaft
Karl-Franzens-Universität Graz
Kooperationspartner:
Institute für Philosophie und Moraltheologie (KFUG), Forschungsinstitut Geragogik, Akzente
Gegenwärtig prägen zwei Figuren die wissenschaftliche und gesellschaftliche Auseinandersetzung:
die ‚Wissensgesellschaft‘ und die ‚Alternde Gesellschaft‘. In der heutigen Wissensgesellschaft wird Wissen als Voraussetzung angesehen, um am sozialen und wirtschaftlichen Leben teilhaben zu können. Ob das tatsächlich so ist, untersucht ein Forschungsprojekt der Karl-Franzens-Universität Graz, das seinen Fokus auf die Bedeutung von Nicht-Wissen für ältere Menschen richtet. Es nähert sich der Bedeutung von Wissen/Nicht-Wissen für ältere Menschen in der Wissensgesellschaft in einem interdisziplinären Zusammenspiel von Phänomenologie, Medizinethik und Bildungswissenschaft/Geragogik. Grundlagentheoretische Forschung interagiert mit qualitativ-empirischen Zugängenzu lebensweltlichen Einstellungen und alltäglichem Wissen, und wird in einer Reihe von Workshops für ältere Menschen umgesetzt, die interdisziplinär begleitet und beforscht wird.
Zentral sind die Fragen nach der erforderlichen Wissensvermittlung, geeigneten Mitteln und
Wegen, nach Grenzen und Möglichkeiten der Alltagsorientierung durch Lernen, sowie nach Konsequenzen, die eine Wissensgesellschaft insgesamt aus der Tatsache zieht, eine alternde Wissensgesellschaft zu sein.Interviews sollen Aufschluss darüber geben, wie ältere Menschen zu ihrer „Unwissenheit" in manchen Bereichen stehen. Ob beziehungsweise wann mangelnde Kenntnisse oder Kompetenzen dazu führen, dass sie gewisse Dinge meiden oder ob das Nicht-Wissen in ihrem Alltag überhaupt eine Rolle spielt. „Ein Ziel ist herauszufinden, wo Weiterbildung für den Einzelnen/die Einzelne relevant ist - im Hinblick auf Selbstbestimmung, Autonomie und Entscheidungsqualität, und in welchen Bereichen man sich eventuell auch leisten kann, nichts zu wissen", erklärt die Projektleiterin, Frau Dr.in Claudia Gerdenitsch. Und es gibt darüber hinaus noch einiges zu tun: „Um älteren Menschen die Aneignung von neuem Wissen zu ermöglichen, braucht es vor allem mehr Vermittlungsangebote", betont Gerdenitsch. So werden zum Beispiel durch die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien plötzlich viele in bestimmten sozialen Kontexten inkompetent - was nicht sein müsste. Die ProjektpartnerInnen wollen geeignete Maßnahmen und alternative Weiterbildungsangebote konzipieren.
Eingebunden in das Projekt sind an der Uni Graz ForscherInnen aus den Erziehungs- und Bildungswissenschaften, der Philosophie und der Moraltheologie. Das Institut für Geragogik in Witten/Deutschland und der Verein Akzente aus Voitsberg/Steiermark sind weitere Projektpartner.
"Dr. Google - Interaktive Untersuchung der Gefahren und Potenziale von Internetrecherchen bei der Selbstdiagnose von Krankheiten"
Mag. Dr. Michael Kopp
Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer
Karl-Franzens-Universität Graz
Kooperationspartner:
Institut für Wirtschaftspädagogik, Soziologie, Philosophie, Abteilung Vernetztes Lernen (KFUG)
Kurt Usar Allgemeinmedizin
Das spannende Projektvorhaben untersucht, inwieweit sich Internetrecherchen im Gesundheitsbereich auf die Entwicklung von Fach-, Halb- und/oder Nicht-Wissen von medizinischen Laien in ihrer Rolle als Patientinnen und Patienten - also auf die "Health Literacy" - auswirken und welcher Nutzen bzw. welche Gefahren mit diesen Laien-Recherchen verbunden sind. Die dazu notwendige Datenerhebung erfolgt in Form eines Online-Kurses, in dem die Teilnehmer/innen für typische Kramkheitsbilder, mit denen praktische Ärzt/innen häufig konfrontiert sind, eine Diagnose erstellen und im Anschluss medizinisch fundierte Handlungsempfehlungen für das Eintreten des Ernstfalles erhalten. Gleichzeitig werden Patient/innen sowie Ärzt/innen dazu befragt, ob bzw. wie sich ihr Verhältnis zueinander aufgrund der zunehmenden Internet-Recherchetätigkeiten seitens der Patient/innen veränderten. Die wissenschaftlichen Bereiche "Medizinethik" und "Big Data" vertiefen das Projektvorhaben in Form von Begleitungsschwerpunkten .
"Gefährliches und nützliches (Nicht)-Wissen bei Vertragsentscheidungen von Verbraucher/innen - eine verhaltenspsychologische Untersuchung der staatlichen Regulierung von Verbraucher/innen/entscheidungen"
Univ.-Prof.in Dr.in Brigitta Lurger, LL.M. (Harvard)
Institut für Zivilrecht, Ausländisches und internationales Privatrecht
Karl-Franzens-Universität Graz
Kooperationspartner:
Institut für Psychologie/Sozialpsychologie (KFUG), Institut für Finanzwissenschaft und öffentliche Wirtschaft (KFUG); Institut für Angewandte Psychologie, Universität Wien
Verbraucher/innen treffen täglich Entscheidungen, mit denen sie sich vertraglich binden. Die moderne Psychologie zeigt in immer größerer Präzision und Differenzierung, dass das Entscheidungsverhalten der Menschen von einer Vielzahl von Faktoren abhängt und nicht rein rational kontrolliert abläuft. Die Gesetzgeber der EU und der Mitgliedsstaaten gehen von einer abstrakten, in der Realität nicht zutreffenden Modellperson aus, dem rationalen 'homo oeconomicus', und verwenden auf diese Person zugeschnittene rechtliche Regeln, in deren Mittelpunkt die Vermehrung von Information und Wissen auf Seiten der Verbraucher/innen steht, und mit denen sie das Entscheidungsverhalten der Verbraucher/innen in deren Interesse beeinflussen wollen. Es gibt Grund zu der Annahme, dass die Gesetzgeber damit zumindest teilweise an den Bedürfnissen der Verbraucher/innen und der Unternehmer/innen sowie an den Zielen dieser Rechtsregeln vorbei regulieren. Die Erkenntnisse der Psychologie über menschliches Entscheidungsverhalten werden von der Ökonomie und der Betriebswirtschaftslehre bereits seit längerem eingesetzt, um etwa die Umsätze von Unternehmen zu steigern. In der politischen Beratung und der Rechtssetzung, dh im Allgemeininteresse, werden sie bisher nur vereinzelt beachtet.
Das im Rahmen der vorliegenden Ausschreibung zur Förderung ausgewählte Projekt will in diesem Zusammenhang erstmals stabile Grundlagen für die Berücksichtigung der Erkenntnisse der modernen Psychologie in der Rechtssetzung im Bereich des interdisziplinär noch wenig untersuchten Verbrauchervertragsrechts erarbeiten.
Projektpräsentation: Karl-Franzens-Universität Graz, "Lernen - Bildung - Wissen"
"Information und der fragmentierte Geist. Rationalität und kognitive Dissonanz"
Univ.-Prof. Dr. Marian David
Institut für Philosophie
Karl-Franzens-Universität Graz
Kooperationspartner:
Institut für Psychologie und Anglistik (KFUG), Rutgers State University of New Jersey
Die Exzellenz dieses Projektvorhabens führte zu einer direkten Anschlussförderung seitens des FWF, des nationalen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Die aus Ausschreibungsförderungsmitteln des Landes Steiermark ("Die Zunahme von Nicht-Wissen") zur Verfügung gestellte Subvention wurde daher nur teilweise heran gezogen, das Landesprojekt wurde vorzeitig beendet.
Informationen werden zu Wissen, wenn sie im Denken in verschiedenen Kontexten kognitiv verfügbar sind - wenn sie mit anderen Informationen integriert und bewertet werden und in Schlussfolgerungen verwendet werden können. Das Projekt untersucht die kognitiven Voraussetzungen dieser Informationsverarbeitung, ausgehend von der Hypothese, dass der menschliche Geist fragmentiert ist.
Dass der menschliche Geist eine Einheit bildet, ist eine grundlegende Annahme in wahrscheinlichkeitsbasierten Theorien menschlicher Überzeugungen und in der Spieltheorie. Sie setzen voraus, dass die Gesamtheit der Überzeugungen einer Person kohärent ist und alle ihre deduktiven Folgerungen enthält. Doch diese Annahme verfehlt in eklatanter Weise die Wirklichkeit menschlichen Denkens. Die Forscher/innen der Karl-Franzens-Universität erarbeiten in diesem Zusammenhang ein realistisches Fundament für die Beschreibung menschlicher Überzeugungen: eine psychologisch fundierte Fragmentierungshypothese, gemäß der eine einzelne Person über mehrere gesonderte Überzeugungssysteme verfügt,,die in ihrer Gesamtheit keinen kohärenten und deduktiv geschlossenen Überzeugungszustand der Person ergeben. So sollen eine Reihe offener Probleme in der Philosophie gelöst werden und eine Erklärung abgegeben werden, warum ein Mehr an Informationen kein Mehr an Wissen bedeutet.
"JungforscherInnen auf den Spuren des Nicht-Wissens"
Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft
Karl-Franzens-Universität Graz
Kooperationspartner:
PhysicsBox/Fachdidaktik Physik (KFUG), Technische Universität Graz, ACADEMIA Presentation Center (Dr.in Jolanta Paltauf)
Das breit gefächerte, interdisziplinare Kommunikationsprojekt untersucht mögliche Quellen des Nichtwissens gründlich und aus verschiedenen Perspektiven (Mentoren, Studierende, Schülerinnen und Schüler) sowie aus der Sicht der Hirnforschung. Ausgewählte Gymnasiastinnen und Gymnasiasten bekommen die einmalige Chance, ihre vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWA) unter der fachlichen Begleitung, von WissenschaftlerInnen und Studierenden zu verfassen. Innovative Forschungsfragen zur Thematik des Nichtwissens werden in Abschlussarbeiten (geplant sind Bachelor- und Masterarbeiten bzw. Diplomarbeiten) am jeweiligen Institut geleistet und sollen differenzierte neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Sachlage liefern.
Eine aktive Teilnahme der beteiligten Studierenden bzw. Schülerinnen und Schüler an Veranstaltungen mit interdisziplinärem Charakter wird dem Erforschen der Unterschiede
bzw. Ähnlichkeiten des Wissenstransfers in der Schule und in außerschulischen Institutionen dienen.Initiatoren dieses Projektes sind das Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Graz und ACADEMIA Presentation Center. Wissenschaftliche Partner und Gymnasien beschäftigen sich im Zeitraum 2014-2016 mit den aktuellen Themen der modernen Wissensgesellschaft und dem Einfluss der Umwelt, Medien und des Internets auf die Zunahme von Nichtwissen. Dieses Projekt gehört innerhalb der Ausschreibung "Die Zunahme von Nicht-Wissen" zu den wenigen Siegerprojekten, die von einer unabhängigen, interdisziplinär zusammengesetzten Jury als exzellent bewertet wurden.
Beteiligte Institutionen: Research Center Pharmaceutical Engineering GmbH, Pädagogische Hochschulen (PH, KPH), Universität Graz / GSK, Zentrum 4 - Interdisziplinäres Zentrum für Fachdidaktik, Medizinische Universität / Boltzmann Institut.
Lesen Sie mehr über "JungforscherInnen auf den Spuren des Nichtwissens"
"Umgang mit Nicht-Wissen. Coping with Ignorance, hidden and admitted"
Univ.-Prof. Dr. Christian Fleck
Institut für Soziologie
Karl-Franzens-Universität Graz
Kooperationspartner: Institut für Wirtschaftspädagogik (KFUG), Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur
Es gehört zu den kulturell gut verankerten Überzeugungen der Moderne, dass allfällig vorhandenes Nicht-Wissen beseitigt werden sollte. Bei genauerem Hinsehen stellt sich allerdings heraus, dass die Beseitigung von Nicht-Wissen sehr oft nicht nur nicht möglich, sondern unter Umständen auch nicht erwünscht oder nicht sinnvoll ist. Daraus folgt, dass verschiedene Formen und Funktionen von Nicht-Wissen systematisch zu unterscheiden sind und sozialwissenschaftlich die Strategien des Umgangs mit Nicht-Wissen analysiert werden müssen. Um die Vielgestaltigkeit des Phänomens Nicht-Wissen einzufangen, untersucht das vorgeschlagene Projekt Funktionen und Strategien anhand von fünf Fallstudien, in denen der Umgang mit Nicht-Wissen eine entscheidende Rolle spielt.
„(Un-)Knowing Food: Herkunft, UnSicherheit und die Moral des Essens am Beispiel von Fleischprodukten in der Steiermark"
Univ.-Prof. Dr. Ulrich Ermann
Institut für Geographie und Raumforschung
Karl-Franzens-Universität Graz
Kooperationspartner:
Institute für Erziehungs-/Bildungswissenschaft und Soziologie (KFUG), Almenland, Vulkanland, Alpen-Adria-Universität, Michigan State University, University Cardiff, Universität Turin
Das Projekt untersucht die Produktion und Transformation von Wissen bei der Herkunftssicherung von Lebensmitteln am Beispiel von Rind- und Schweinefleisch in der Steiermark. Ausgehend von der Beobachtung einer gleichzeitigen Verunsicherung beim Konsum und einer Zunahme der Wissensproduktion in Form von Zertifizierungs- und Kennzeichnungssystemen zur Herkunftskontrolle und Qualitätssicherung werden Wissensketten zwischen Fleischerzeugung, -handel und -konsum analysiert. Dabei wird insbesondere das Verhältnis von implizitem und explizitem bzw. kodifiziertem Wissen in den Blick genommen. Auf Grundlage der gewonnen Erkenntnisse werden mit Praxispartner/innen aus den steirischen Regionen Almenland und Vulkanland Alternativen zur Wissensvermittlung diskutiert und Kommunikationskonzepte erarbeitet. Die geplante Analyse der Wissenstransformation – mit Phänomenen des Wissensverlusts und der Verunsicherung bei zunehmender Informationsdichte – am Beispiel Fleisch in der Steiermark und insbesondere in den EU-Leader-Regionen Almenland und Steirisches Vulkanland bezieht Wissenschafter/innen mit einschlägiger Expertise als nationale und internationale Kooperationspartner/innen ein. Die Ergebnisse hinsichtlich der Produktion und Umwandlung von Praxiswissen bzw. stillem Wissen (tacit & knowledge) und kodifiziertem Wissen werden zur Entwicklung neuer Konzepte zur Kommunikation und Bildung im Hinblick auf den Nahrungsmittelkonsum verwendet und liefern einen Beitrag zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe im Ernährungssektor in der Steiermark.
Zur Entstehung der Ausschreibungsreihe
Dass die Grundlagenforschung mehr und mehr gefordert ist, auf gesellschaftliche Bedürfnisse einzugehen, mag im Großen und Ganzen für sämtliche Disziplinen gelten, für die Geistes-, Sozial-, Kunst- und Kulturwissenschaften (kurz: GSK) aber in besonderem Maße. Die (öffentliche) Wahrnehmung von geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen bleibt im Vergleich zu technologiebezogenen Disziplinen immer noch gering, dabei übernehmen gerade die GSK eine wichtige Funktion in Hinblick auf die gesellschaftliche, kulturelle und demographische Entwicklung unseres Landes, sie sind kritische Stimmen und "Wissensspeicher" zugleich, sie haben das Potenzial zur Entwicklung von Lösungsansätzen und Strategien im öffentlichen Bewusstseinsbildungsprozess.
Die praxisorientierte Ausrichtung der GSK in der Steiermark hat allerdings noch deutlichen Aufholbedarf, eine systematische Einbindung in den steirischen Gesamtforschungsprozess ist noch nicht zufriedenstellend gegeben. Diese Tendenzen und der daraus abzuleitende Handlungsbedarf wurden in der Forschungsförderungsstrategie des Landes Steiermark in den Blick genommen. Die in diesem Zusammenhang strategisch definierten 'Themenkorridore' beziehen sich auf immanente gesellschaftliche Herausforderungen und eröffnen ein reichhaltiges Feld für Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften, wobei die Forschungsstrategie den Übergang zu einem neuen Förderungsmodell in Form von themenspezifischen Ausschreibungen empfiehlt. Lebens-, Arbeits- und Lernwelten des 21. Jahrhunderts sowie Auswirkungen des demografischen und gesellschaftlichen Wandels in der Steiermark seien gezielt in den Blick zu nehmen.
Aus der Entwicklung dieses Förderungsmodells geht die Ausschreibungsreihe Polaritäten in die Wissensgesellschaft hervor. Für die 1. Ausschreibung der Reihe Polaritäten in der Wissensgesellschaft zum Thema „Die Zunahme von Nicht-Wissen" steht ein Gesamtbudget in Höhe € 600.000,00 zur Verfügung.
Thema der 1. Ausschreibung: "Die Zunahme von Nicht-Wissen"
Je mehr Daten und Informationen im öffentlichen Raum vermittelt werden und abrufbar sind, desto desorientierter und uninteressierter werden weite Teile der Bevölkerung. Das Unwissen wird in der modernen (wissensbasierten) Gesellschaft zu einem Problem, da diese immer schwerer organisierbar und steuerbar wird. Nicht-Wissen beeinflusst sämtliche Lebensbereiche des Menschen und bedeutet Verantwortungsdefizite des Einzelnen. Warum werden Informationen immer seltener in Wissen umgewandelt? Welche Rolle spielt dabei die Quantität/Masse an Informationen und Daten? Es stellt sich die Frage, ob und welche andere Faktoren (im öffentlichen Raum und über die bildungswissenschaftliche Debatte hinausgehend) diese Entwicklung beeinflussen oder forcieren. Ebenso zu hinterfragen ist, ob (und wenn ja: wann und warum) das Nicht-Wissen willkommen ist.
Berichterstattung, Nachweise
Der/die FörderungsnehmerIn ist verpflichtet, die widmungsgemäße Förderungsverwendung nachzuweisen, die Projektrealisierung mittels einer inhaltlichen Berichterstattung zu belegen und die zugesprochene Förderung ordnungsgemäß abzurechnen. Die konkreten Bestimmungen werden im Ausschreibungsdokument (III, IV) präzise definiert.
Aus konkreten Gründen wurde der Modus der Förderungsnachweisprüfung im Jahr 2015 neu aufgesetzt.
Seit 27. März 2015 steht ein neues Formblatt zur Verfügung, das zugleich als Kosten-/Finanzierungsplan in der Phase der Antragstellung (PLAN-Kosten und PLAN-Einnahmen) und als Belegsverzeichnis im Zuge des Förderungsverwendungsnachweises (IST-Kosten und IST-Einnahmen) konzipiert ist:
Die PLAN-Kosten und PLAN-Einnahmen der im Rahmen der Ausschreibung "Die Zunahme von Nicht-Wissen" genehmigten Förderungsprojekte (Anträge auf Basis des überholten Kosten-/Finanzplanes) sind daher nachträglich (deckungsgleich mit dem Antrag!) zu dokumentieren. Zusätzlich sind nun auch IST-Kosten- und IST-Einnahmen zu erfassen.
Abweichungen zwischen PLAN und IST erklären sich - im Falle der Ausschreibung "Die Zunahme von Nicht-Wissen" - vielfach aus der Tatsache, dass die zugesprochenen Förderungen nicht exakt 100% des Förderungsbedarfes umfassten und sollen deshalb nicht irritieren. Abweichungen, die nicht in diesem Zusammenhang stehen, sind jedenfalls zu melden bzw. schriftlich zu begründen.
Das xlsm-Formular ist in elektronischer Form (unbedingt im Excel-Format) vorzulegen. Die maßnahmenverantwortliche Förderungsstelle entscheidet auf Basis dieser Dokumentation über die Quantität und die Auswahl der vorzulegenden Einzelbelege.
Kontakt / Referentin
Mag.a Anita RUPPRECHT
Referat Wissenschaft und Forschung
Abteilung 8 - Gesundheit, Pflege und Wissenschaft
E-mail: anita.rupprecht@stmk.gv.at
Tel.: (0316) 877-4672
Fax: (0316) 877-3998